Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

8 41. Die Reichsverwaltungsbehörden. 387 
Bundesverwaltung geworden waren (unmittelbare 
Bundesverwaltung); 
b) die Beaufsichtigung derSelbstverwaltung der Einzel- 
staaten; 
c) die Bearbeitung der übrigen Regierungsgeschäfte, 
insbesondere die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, der geschäft- 
liche Verkehr mit dem Bundesrat und Reichstag, die Wahrneh- 
mung der handelspolitischen Interessen bei Verhandlungen mit 
auswärtigen Staaten über Handels-, Zoll-, Schiffahrtsverträge, 
Aufstellung des Bundeshaushaltsetats und Führung der Bundes- 
finanzwirtschaft u. s. w. 
Ausgenommen von dem Geschäftskreis des Bundeskanzleramtes 
waren die auswärtigen Angelegenheiten, weil dieselben zur 
Zeit der Errichtung des Bundeskanzleramtes einen Zweig der preußi- 
schen Staatsverwaltung bildeten; nur das Bundeskonsulatwesen wurde 
dem Bundeskanzleramt zugewiesen, von der Kompetenz desselben aber 
wieder getrennt, als das Reich die auswärtigen Angelegenheiten voll- 
ständig in eigene Verwaltung übernahm. Ausgenommen waren ferner 
die Marineangelegenheiten, weil nach der Verfassung des 
Norddeutschen Bundes Art. 53 die Verwaltung derselben und der Ober- 
befehl über die Kriegsmarine nicht dem Bundespräsidium, sondern 
dem Könige von Preußen zugewiesen war. Dasselbe gilt von dem 
Oberbefehl über das Heer und von der Oberaufsicht über die Verwal- 
tung desselben (Art. 63 fg.). Endlich waren selbstverständlich ausgenom- 
ınen von dem Geschäftskreise des Bundeskanzleramtes alle diejenigen 
Angelegenheiten, welche durch besondere Gesetze oder Verordnungen 
anderen Behörden zugewiesen wurden. 
Sieht man von der Verwaltung des Konsulatswesens ab, welche nur 
vorübergehend dem Bundeskanzleramt übertragen war, so gab es für 
die eigene Verwaltung des Reiches ursprünglich nur zwei Ressorts, 
Post und Telegraphie. Durch den Allerh. Erlaß vom 18. Dezember 1867 
(Bundesgesetzbl. S. 328) wurden daher zwei besondere Abteilungen 
(I. und Il.) des Bundeskanzleramtes für diese Geschäfte unter den 
Bezeichnungen »Generalpostamt« und »Generaldirektion der Telegra- 
phen« gebildet; die übrigen Geschäfte, welche das Bundeskanzleramt 
zu versehen hatte, wurden unter dem Namen »Zentralabteilung« zu- 
sammengefaßt. 
Infolge der Erwerbung des Reichslandes und der dem Reichs- 
kanzler durch das Gesetz vom 9. Juni 1871 zugewiesenen Leitung der 
Landesverwaltung wurde eine neue (III.) Abteilung für Elsaß-Lothringen 
gebildet und endlich seit dem 1. Januar 1875 nach vorgängiger Ge- 
nehmigung im Reichshaushaltsetat eine IV. Abteilung unter der Be- 
zeichnung »Reichsjustizamt« errichtet. 
An der Spitze des Reichskanzleramts stand ein Präsident, welcher 
als der ständige Vertreter des Reichskanzlers anzusehen war; an der
	        
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