Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

446 $ 89. Die Staatsanwaltschaft. 
Jedoch die Ueberwachung der Ausführung der Reichsgesetze, 
welche nach Art. 17 der Reichsverfassung dem Kaiser zusteht, erstreckt 
sich auch auf diejenigen Reichsgesetze, durch welche die Organisation 
und Tätigkeit der Staatsanwaltschaften normiert wird; dem Kaiser liegt 
daher allerdings die Fürsorge ob, daß auch diese Gesetze von dem 
Einzelstaate wirklich ausgeführt und richtig gehandhabt werden. Diese 
Ueberwachung erfolgt aber nicht in einem unmittelbaren Eingreifen 
in die Behandlung der einzelnen Sache und nicht in der Form eines 
direkten Verkehrs mit den Staatsanwaltschaften der einzelnen Staaten, 
sondern lediglich durch Verhandlung mit der Regierung des betref- 
fenden Bundesstaates nach Maßgabe der (Bd. 2, S. 206 ff.) dargestellten 
Regeln. Von dieser kontrollierenden Verwaltung des Reiches hinsicht- 
lich der Staatsanwaltschaften der Bundesstaaten ist wohl zu unterschei- 
den die unmittelbare Verwaltung der Reichsanwaltschaft, welche unter 
den (Bd. 2, S. 210) entwickelten Grundsätzen steht. Beide Verwaltungs- 
aufgaben werden unter Verantwortlichkeit des Reichskanzlers von dem 
Reichsjustizamt durchgeführt. 
Aus der Einheitlichkeit der Staatsanwaltschaft in jedem Einzelstaat 
und aus der Verpflichtung der Beamten der Staatsanwaltschaft, den 
dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen, ergibt 
sich, daß die Grundsätze des Gerichtsverfassungsgesetzes über die 
Rechtshilfe auf den Verkehr der Staatsanwaltschaften nicht an- 
wendbar sind. Während die Requisition der Gerichte, abgesehen von 
den im $ 159, Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgeseizes aufgeführten Aus- 
nahmen, von dem ersuchten Gerichte nicht abgelehnt werden dürfen, 
gilt von den Requisitionen der Staatsanwaltschaften der gleiche Grundsatz 
nicht, und zwar auch nicht von dem Verkehr der staatsanwaltschaft- 
lichen Behörden untereinander, denn dieser Grundsatz würde die er- 
suchte Behörde dem Willen einer einem anderen Bundesstaate an- 
gehörenden und von dem Justizministerium des letzteren geleiteten 
Behörde unterwerfen und damit die Einheitlichkeit der Staatsanwalt- 
schaft auflösen und den ersuchten Beamten in einen unlöslichen Kon- 
flikt versetzen zwischen der Pflicht, den dienstlichen Anweisungen des 
Vorgesetzten gehorsam zu sein, und der Pflicht, dem Ersuchen der 
requirierenden Behörde nachzukommen, wofern zwischen den letzte- 
ren und den dienstlichen Anweisungen des Vorgesetzten ein Wider- 
spruch besteht. Wenn die Staatsanwaltschaft die Mitwirkung einer 
anderen Behörde beansprucht, kommen vielmehr folgende Regeln zur 
Anwendung, gleichviel, ob die requirierte Behörde demselben Staate 
angehört oder einem anderen Bundesstaate: 
1. Wenn die Staatsanwaltschaft einen Amtsrichter um die 
Vornahme einer richterlichen Untersuchungshandlung ersucht, so hat 
der Amtsrichter zu prüfen, ob die beantragte Handlung nach den Um- 
Meiningen-Rudolstadt (Rudolstadt) Art. 18; Weimar-Reuß j. L. (Gera) Art. 14; Hanse- 
städte Art. 27; Oldenburg-Lübeck Art. 28. 
 
	        
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