$S 9. Die Einheitlichkeit des Militärrechts u. der Heereseinrichtungen. 17
tums durch das Festungsrayongesetz vom 21. De-
zember 1871 (Reichsgesetzbl. S. 459) und das Reichskriegs-
hafengesetz vom 19. Juni 1883 (Reichsgesetzbl. S. 105).
II. Das Militär-Verordnungsrecht.
1. Umfang desselben.
Die Reichsverfassung hat die Grenzen zwischen dem Bereich der
Gesetzgebung und demjenigen der Verwaltungsverordnung für das
Heerwesen und die Marine prinzipiell nicht geregelt. Während die
selbe Frage hinsichtlich des Post- und Telegraphenwesens durch Art.
48, Abs. 2 der Reichsverfassung eine ausdrückliche Lösung gefunden
hat, fehlt in der Reichsverfassung eine entsprechende Bestimmung hin-
sichtlich des Heerwesens und der Kriegsmarine Wenn in Art. 4,
Ziff. 14 der Reichsverfassung dem Reiche die »Gesetzgebung« über das
Militärwesen des Reichs und der Kriegsmarine zugesprochen wird, so
ist dadurch zwar materiell eine ganz unbeschränkte Kompetenz
des Reiches zum Erlaß jeder beliebigen, das Militärwesen und die
Kriegsmarine betreffenden Vorschrift anerkannt; dagegen gibt die Stelle
der Reichsverfassung keine Auskunft darüber, welche Vorschriften im
Wege der Gesetzgebung getroffen werden müssen und welche durch
Verordnung erlassen werden können). Daß die Reichsverfassung
aber in der Tat nicht das ganze Militärwesen in allen Teilen und
Einzelheiten durch Reichsgesetz. ordnen wollte, sondern nur gewisse,
zur gesetzlichen Regelung geeignete Teile, ergibt sich mit Deutlichkeit
aus dem Bündnisvertrag mit Bayern Ill, 55, welcher unter Ziff. I
bestimmt:
„Bayern behält zunächst seine Militärgesetzgebung nebst den dazu
gehörigen Vollzugs-Instruktionen, Verordnungen, Erläuterungen usw.
bis zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung über die der Landes-
gesetzgebung anheimfallenden Materien.“
Es wird hier also vorausgesetzt, daß es auch solche Materien
gibt, welche der Bundesgesetzgebung nicht anheimfallen: leider wird
aber auch hier nicht die geringste Andeutung gegeben, welche Mate-
rien dies sind.
Der Art. 61, Abs. 2 der Reichsverfassung ordnet an, daß nach
gleichmäßiger Durchführung der Kriegsorganisation des deutschen
Heeres ein umfassendes Reichsmilitärgesetz dem Reichstage und
dem Bundesrate zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung vorgelegt
werden soll; aber auch durch diese Vorschrift wird nicht der Weg
der Reichsgesetzgebung als der in Militärangelegenheiten ausschließlich
zulässige erklärt und der Erlaß allgemeiner Verwaltungsverordnungen
untersagt, sondern der Artikel verspricht nur, selbst wenn man ihn
buchstäblich interpretiert, ein Reichsgesetz, welches alle diejenigen
1) Vgl. Bd. 2, 8 56, S. 65 fe.