Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

290 $ 112. Die Kriegsleistungen. 
sie vom Reiche geleistet wird!). Zur sofortigen, vorschußweisen Be- 
zahlung dieser Beträge sind aber die Gemeinden nur in den Fällen 
besonderer Bedürftigkeit oder unverhältnismäßiger Belastung einzelner 
Leistungspflichtigen verbunden; der Regel nach ist die Vergütung erst 
dann von der Gemeinde auszuzahlen, wenn sie ihr vom Reiche zur 
Verfügung gestellt wird, und zwar mit Einschluß der vom Reiche ge- 
zahlten Zinsen. Dem einzelnen ist inzwischen über die von ihm ge- 
machte Leistung eine Bescheinigung von der Gemeinde auszustellen ?). 
Dieselben Rechtsregeln finden analoge Anwendung auf die Liefe- 
rungsverbände und auf die an Stelle derselben verpflichteten Staaten 
von geringem Gebietsumfange?). 
Bei denjenigen Kriegsleistungen, welche unmittelbar gegen die Ver- 
pflichteten (Eisenbahnverwaltungen, Schiffsbesitzer, Pferdebesitzer) gel- 
tend gemacht werden, findet eine Verpflichtung der Gemeinden und 
eine Mitwirkung derselben bei der Durchführung der Requisitionen, 
sowie bei Feststellung und Auszahlung der Vergütung nicht statt. 
B. Die einzelnen Kriegsleistungen. 
I. Lasten der Gemeinden. 
1. Quartierleistung. 
a Umfang der Last. Für die bewaffnete Macht einschließlich 
des Heergefolges ist Quartier, sowie für die zugehörigen Pferde Stal- 
lung zu gewähren, soweit Räumlichkeiten hierfür vorhanden sind‘). 
Eine andere Einschränkung für diese Kriegslast als die tatsächliche 
Leistungsfähigkeit der Gemeinde besteht nicht; weder sind gewisse Ge- 
bäude befreit, noch haben die Inhaber der Räumlichkeiten einen recht- 
lich anerkannten Vorrang für die Befriedigung ihrer eigenen Wohnungs- 
und Gewerbebetriebsverhältnisse. 
b) Vergütung. Dieselbe wird nach den für den Friedenszustand 
geltenden Sätzen?) gewährt: für die Truppenteile, welche schon vor 
der Mobilmachung zur Besatzung des Ortes gehörten, bis zu ihrem 
Ausmarsche; ferner für die Truppenteile, welche zur Besatzung 
des Ortes nach der Mobilmachung einrücken ®), insbesondere auch für 
1) Kriegsleistungsgesetz $ 7, Abs. 1. Nach der Entstehungsgeschichte des Ge- 
setzes ist es aber zweifellos, daß hierdurch nur das Minimum der den einzelnen 
zu zahlenden Vergütung normiert werden sollte, daß die Gemeinden daher befugt 
sind, durch Statut oder Beschluß höhere Entschädigungen festzusetzen, und daß auch 
die Einzelstaaten ermächtigt sind, durch Gesetze den Gemeinden höhere Vergütungen 
zur Pflicht zu machen. Stenogr. Berichte 1873, S. 587, 941. 
2) Kriegsleistungsgesetz $ 7, Abs. 2—4. 3) Ebendaselbst 8 18, Abs. 1. 
4) Kriegsleistungsgesetz $ 3, Ziff. 1. 5) Siehe oben S. 266 fg. 
6) Nach der Ausführungsverordnung Art. 2 gehören dahin: die Besatzungen 
der Festungen und befestigten Küstenorte; neuformierte Truppenteile, solange sie 
sich im Formationsorte befinden, und Truppenteile, welche durch eine ausdrückliche 
Erklärung des kommandierenden Generals als zur Besatzung des Ortes bestimmt be- 
zeichnet werden, in welchem sie sich befinden oder in welchen sie einrücken.
	        
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