136 Behandlung d. schriftlichen Klassenarbeiten b. d. höheren Lehranstalten.
fall dieser Arbeiten ab; und bei ihrer durch die Lehrpläne angeord-
neten häufigen Wiederkehr führen sie dann zu einer in vielen Hin-
sichten schädlichen dauernden Spannung und Beunruhigung der Schüler
wie der Lehrer. Insbesondere ist die Erlernung der alten Sprachen
durch den unzweckmäßigen Betrieb des lateinischen und griechischen
Extemporales wesentlich erschwert worden. Aber auch in anderen
Fächern, in den neueren Sprachen und in der Mathematik, werden
die schriftlichen Klassenarbeiten oft in den Mittelpunkt des ganzen
Unterrichtes gerückt; und die Gefahr liegt nahe, daß die Lehrer ihre
Zeugnisse nach dem Durchschnitt der diesen Arbeiten erteilten Prädikate
geben. Dabei zeigen die Beobachtungen bei Revisionen nicht selten,
daß mehr als die Hälfte der schriftlichen Klassenarbeiten nicht genügend
ausfällt, so daß sie keine geeignete Unterlage für eine richtige Beur-
teilung der Schüler bilden können. Das Urteil der Lehrer geht in
der Regel dahin, daß die mündlichen Leistungen der Schüler unver-
hältnißmäßig besser seien als ihre schriftlichen Klassenarbeiten. Hierin
zeigt sich klar, daß ein solcher Betrieb dieser Arbeiten an einem inneren
Fehler leidet und grundsätzlich geändert werden muß.
Die schulmäßige Erlernung einer fremden Sprache ist nicht mög-
lich ohne vielfältige schriftliche Übungen in der Sprache selbst, mögen
sie in Übersetzungen bestehen oder in freierer Gestaltung gegebenen
Stoffes. Unrichtig aber ist es, wenn diese Übungen, durch die der
Schüler lernen soll, schriftlich genau zu formen, was er durch Auge
und Ohr ausgenommen hat, zur Prüfung seiner Leistungen so benutzt
werden, daß von dem Ausfall dieser Arbeiten das Zeugnis und die
spätere Versetzung wesentlich abhängt. Bei solchem Verfahren arbeitet
der Schüler unter einem Drucke, der dem Erfolge des Unterrichtes
schädlich ist. Die Sicherheit in der Anwendung des Erlernten kann
erst dann von ihm verlangt werden, wenn er durch häufige mündliche
und schriftliche Anwendung eine völlige Vertrautheit mit dem Sprach-
stoff erlangt hat, in dem er sich ausdrücken soll.
Um eine diesen Erwägungen entsprechende Behandlung der
schriftlichen Ubungen zu erreichen, hebe ich die Bestimmungen der
Lehrpläne über die schriftlichen Klassenarbeiten auf und ordne statt
dessen folgendes Verfahren an.
Möglichst in jeder Unterrichtstunde, die für grammatische und
stilistsche Ubungen in den fremden Sprachen angesetzt ist, sind von
den Schülern unter Benutzung eines besonderen Heftes einige Sätze
zu übersetzen oder, wo freies Nacherzählen geübt werden soll, nach
Angabe des Lehrers schriftlich zu formen. Die Behandlung wird sich
auf den einzelnen Unterrichtsstufen verschieden gestalten, jedenfalls aber
ist in den unteren Klassen der sprachliche Stoff für diese Ubungen in
derselben Stunde vorher mündlich und unter Benutzung der Wand-