22 Deutsch.
5. Im Auswendiglernen ist maßzuhalten und dafür ein
Kanon von Gedichten, der von Zeit zu Zeit erneuter Prüfung zu
unterziehen ist, zugrunde zu legen.
6. Gedichte, welche in den Klassen behandelt werden, sind
auf den unteren und mittleren Stufen zunächst von dem Lehrer gut
vorzulesen; danach sind die nötigen sprachlichen und sachlichen Er-
läuterungen anzufügen, die Grund= und Teilgedanken mit den Schülern
aufzusuchen und die Gedichte schließlich zusammenfassend zu besprechen.
Nach einem wiederholenden Lesen durch Schüler ist das Gedicht zum
häuslichen Nachlesen und, wenn es zum Kanon gehört, zum Lernen
aufzugeben, um dann vorgetragen zu werden. Bei der Dramenlektüre
tn 0 III und Ull handelt es sich nur um das Verständnis des Ge-
dankeninhaltes des einzelnen Dramas, wobei auf die ersten Grund-
begriffe der dramatischen Komposition nur vorbereitend hinzuweisen ist.
Bei dem Lesen größerer Werke auf der Oberstufe sind vor allem die
Grundgedanken unter Mitarbeit der Schüler herauszuheben, die Haupt-
abschnitte und deren Gliederung festzustellen und so das Werk als ein
Ganzes dem Verständnis der Schüler zu erschließen. Der Kunstform
ist dabei Beachtung zu schenken. Besonders zu empfehlen ist ver-
gleichende Zusammenstellung von Gedichten, welche denselben Gegenstand
behandeln. Die gelesenen Epen und Dramen sind nach ihrem Aufbau
und den Charakteren der handelnden Personen zu einem volleren
Verständnis zu bringen. Nicht ratsam ist es, ein Drama von Anfang
bis zu Ende in der Klasse zu lesen; das Lesen mit verteilten Rollen
ist nur in sehr beschränktem Maße bei besonders geeigneten Szenen
und in der Regel erst nach der Besprechung und nach ordentlicher
Vorbereitung von Nutzen. Wo die mittelhochdeutschen Klassiker im
Urtext gelesen werden, muß die Einführung in die Grammatik im
unmittelbaren Anschluß an die Lektüre auf induktivem Wege erfolgen;
zusammenfassende Uberblicke sind hierbei nicht ausgeschlossen.
7. Die neben der Dichtung auf allen Stufen zu pflegende
Prosalektüre hat den Gedanken= und Gesichtskreis des Schülers zu
erweitern und zumal auf der Oberstufe den Stoff für Erörterung
wichtiger allgemeiner Begriffe zu bieten. Durch zweckmäßig geleitetes
Lesen dieser Art wird die philosophische Propädeutik, deren
Aufnahme in den Lehrplan der Prima an sich wünschenswert ist,
wirksam unterstützt, da aber, wo die Verhältnisse ihre Aufnahme nicht
ermöglichen, wenigstens einigermaßen ersetzt werden können. Aufgabe
einer solchen Unterweisung ist es, die Befähigung für logische Be-
handlung und spekulative Auffassung der Dinge zu stärken und dem
Bedürfnisse der Zeit, die Ergebnisse der verschiedensten Wissenszweige
zu einer Gesamtanschauung zu verbinden, in einer der Fassungskraft
der Schüler entsprechenden Form entgegenzukommen. Zu wünschen