Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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baren und reichen, ja überreichen Wagnisse des Vorbildes gradezu 
ins unglaubliche gesteigert. 
Alle Dichter und Prosaisten des sechszehnten Jahrhunderte zeigen 
sich mehr oder weniger mit der Volkssprache und allem Volksthüm- 
lichen vertraut; Sprichwörter und sprichwörtlicher Ausdruck sind ganz 
gewöhnlich, die populären Derbheiten finden überall Eingang. Aber 
was sind alle anderen deutschen Schriftsteller in dieser Beziehung 
gegen Fischart! Die natürliche Popularität des sechszehnten Jahr- 
hunderts ist bei Fischart zu einem starken Trieb, dieser Trieb zu 
einem bewußten Streben, dieses Streben zu einer festgewurzelten 
Passion geworden. Fischart ist ein Sammler, er ist der älteste Samm- 
ler, der Volksthümliches bei sich einheimst und in bewundernder 
Freude aufhäuft. Er sammelt Sprichwörter, Kinderspiele, Volkslieder, 
er sammelt wunderliche und seltsame Benennungen der verschiedensten 
Gegenstände, er sammelt Merkwürdigkeiten der Volkssitte und Topo- 
graphie. Er hat ein wahres Curiositätencabinet des deutschen Volkes 
in seinem Geiste angelegt. Aber alle seine angesammelten Schätze 
und Kostbarkeiten find nicht in Schaukästen zierlich geordnet und zu 
behaglicher Betrachtung vor uns ausgelegt: sondern es ist, als ob 
alle diese — mit Fischart zu reden — „sternamhimmligen und sand- 
ammeerigen“ Raritäten bei nächtlicher Weile plötzlich toll geworden 
und in eine quecksilberne „fantastengreuliche" Bewegung gerathen wären. 
Fischarts Sprache im Gargantua ist schäumender Champagner. 
Sie muthet uns an wie jene Raketen, die hoch in die Luft auf- 
schwirren und oben in strahlende Garben von tausend Lichterchen 
und Sternchen zerstieben. 
Ein Satz der gewähnlichen Rede ist ein Wassertropfen. Bei 
Fischart sehen wir den Wassertropfen unter dem Sonnenmikroskop, 
zahllose wunderliche Gestalten werden da lebendig und fliegen, 
schwirren, rennen, tanzen, springen, wirbeln, taumeln, purzeln unter 
und über einander her: kaum daß man noch eine Ordnung, kaum 
daß man noch Zusammenhang entdeckt und daß man sich bewußt 
bleibt, man habe es mit einer fortschreitenden Erzählung zu thun.
	        
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