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Finanzwirthschaft; die Finanz muß eben durch die Armee geseichert sein.
Meine Herren, ich glaube, daß wir durch eine Reihe von Jahren schon
davon haben überzeugen können, daß wir eine umseichtige, redliche und spar-
same Armeeverwaltung haben. (Sehr richtig!) Auch die jetzt in Rede
stehende Vorlage ist wesentlich durch Rücksichten auf Sparsamkeit bestimmt.
Man hat darauf verzichtet, schon im Frieden, wie dies außerordentlich
wünschenswerth wäre, alle unsere Geschütze bespannt zu haben, wie das bei
unseren Nachbarn der Fall ist. Die Vermehrung bezieht sich wesentlich auf
die Infanterie, als die mindest kostspielige Waffe. Die Hälfte der neu auf-
zustellenden Bataillone wird bereits bestehenden Regimentern angeschlossen,
um die Stäbe für Regimenter zu sparen. Kurz, meine Herren, es ist nicht
das militärisch absolut Wünschenswertheste, sondern das finanziell Erreich-
bare dabei ins Auge gefaßt worden. Und dann, meine Herren, die Forde-
rung, die an das Land gestellt wird — sie wird gestellt, um den bisher
mühsam aufrecht erhaltenen Frieden in Europa, wenn es möglich ist (hört,
hört!) auch ferner noch zu sichern. Ich meine, wenn wir diese Vorlage
ablehnen, so involvirt dies eine sehr ernste Verantwortlichkeit, vielleicht für
das Elend einer feindlichen Invasion, eine Verantwortung, die, von hundert
Schultern getragen, dennoch für jeden Einzelnen schwer genug wiegen muß.
Durch große Opfer haben wir erreicht, was alle Deutschen seit soviel Jahren
ersehnt haben: wir haben das Reich, wir haben die Einheit Deutschlands.
Möchten wir auch die Einigkeit der Deutschen in einer solchen Frage haben,
wie sie hier vorliegt! Die ganze Welt weiß, daß wir keine Eroberungen
beabsichtigen; mag fie aber auch wissen, daß wir das, was wir haben, er-
halten wollen, daß wir dazu entschlossen und gewappnet sind. (Lebhafter
Beifall.)
Im gesammten In= und Auslande rief diese Rede unseres so hoch-
verdienten Strategen selbstverständlich die lebhafteste Sensation hervor
und wohl in keiner wahrhaft deutsch fühlenden Mannesbrust waltete
ein Zweifel darüber, was der Deutsche Reichstag nach solchen, von
solcher Seite kommenden Worten zu thun für seine Pflicht erachten
mußte! Daß man den späteren Ausführungen des sozialdemo-
kratischen Abgeordneten Grillenberger, der das „non possumus“
seiner Partei zu begründen suchte, nur geringe Aufmerksamkeit schenkte,
war vorauszusehen. Nach ihm sprachen der nationalliberale Abge-
ordnete Marquardsen und der konservative Abgeordnete Frhr. von
Wöllwarth im Sinne der Regierungs-Vorlage, worauf der preußische
Kriegsminister Bronsart von Schellendorff sich noch in der Haupt-
sache gegen die Ausführungen des Abgeordneten Grillenberger wandte
und dessen Ausführungen entkräftete. Am Schlusse dieser Sitzung vom
4. Dezember wurde die Militär-Vorlage an eine Kommission von
28 Mitgliedern verwiesen.
Die verbündeten Regierungen hatten den größten Werth darauf
boleat die Kommissions-Berathungen noch vor Weihnachten beendigt