46 Armenunterstützung.
Ablieferung aufgegriffener Bettler und Vagabonden an das Gericht im
polizeilichen Interesse behufs Feststellung der Vorbestrafungen 2c. die
Rückgestellung zu beantragen berechtigt sein (MVO. vom 28. August
1884 zu Nr. 1234 II A).
1) Ueber die Bettlerverzeichnisse, s. Vorbestrafungsnotizen.
Armenunterstützung. Die Verpflichtung zur Gewährung von A. trifft
den Armenverband des Aufenthaltsortes (s. Unterstützungswohnsitz IV).
Bildet derselbe nicht zugleich den Unterstützungswohnsitz (s. d. II), so
begründet die gewährte Unterstützung mit gewissen Ausnahmen (s. Unter-
stützungswohnsitz V) gegenüber dem Ortsarmenverbande des Unterstützungs-
wohnsitzes oder dem Landarmenverbande (s. d.) das Recht auf Rückerstattung
der Kosten (s. Unterstützungswohnsitz VI) und auf Uebernahme (s. Unter-
stützungswohnsitz VII), gegenüber dem Unterstützten aber das Recht auf
Ausweisung (s. d. A I#). Darüber, was als A. in diesem Sinne zu
verstehen ist, über Art und Maaß der A., über Bildung der Armen-
verbände (s. d.) und Armenbehörden (/ d.) sowie über Beschaffung der
Mittel (s. Armencasse) bestimmen die Landesgesetze (RGes. vom 6. Juni
1870 S. 360 § 8).
1) Als A. in diesem Sinne gilt nach §§ 33—60 der Armen-
ordnung vom 22. October 1840 S. 257 die Gewährung von Almosen
(s. d.), Krankenpflege (s. d.), Bekleidung (s. d.), Erziehung von Kindern
(s. d. D), Obdach (s. d.), Reihezug (s. d.), Armenbegräbniß (s. d.), Geburts-
hülfe (s. Hebammen IV), Transportkosten (s. d.), gänzliche Versorgung
in Hospitälern (s. d.), Armenhäusern (s. d.) und Krankenhäusern (s. d.),
die Thätigkeit der Almosenverbände (s. d.), der Aufwand für Carbolsäure
beim Kindbettfieber (s. d.), nach Befinden auch der durch den Administrativ=
Justizprozeß und durch Porto entstehende Aufwand (s. Unterstützungs-
wohnsitz VI). Dagegen fällt nicht unter den Begriff der A. die Bezah-
lung von Schulgeld (s. d.), die Gewährung von Reisekosten (s. d.), von
Lehrmitteln (s. d.) und Schulutensilien (s. d.), der allgemeine Verwaltungs-
aufwand der Armenanstalten und der durch Sachbeschädigung Seitens
Unterstützter entstandene Aufwand (s. Unterstützungswohnsitz V.).
2) Ueber Art und Maaß der A. bestimmt die Armenordnung Fol-
gendes: Die Armenpflege ist auf solche Arme zu beschränken, die den
nothdürftigen Unterhalt nicht von unterhaltungspflichtigen Privatper-
sonen oder Corporationen erhalten (§§ 4—7). Sie ist auf ganz oder
theilweise Arbeitsunfähige zu beschränken und hat darauf Bedacht zu
nehmen, Arme erwerbsfähig zu machen (88 23, 24, 27—31). Die Ar-
meenpflege ist auf das schlechterdings Unentbehrliche zu beschränken (8 24-,);
sie ist zeitlich begrenzt und hat wegzufallen, sobald die Ursache weg-
fällt (§ 32). Ihre Aufgabe besteht darin, künftiger Verarmung vorzu-
beugen (§§ 21, 25) und über die ihr anheim Gefallenen Aufsicht zu
führen. Die Armenpolizei (s. d.) ist daher als Zweig der Armenpflege
zu betrachten. Veräußerung und Verpfändung des zur Unterstützung
Gegebenen ist bei Strafe verboten (§ 63). Jedes Almosen ist Vorschuß,
die Armenhäuser (s. d.) haben daher Erbrecht am Nachlasse der Unter-
stützten (88 65—69). In Bezug auf Art und Maaß der Unterstützung