Geschichtliche Entwicklung 13
überall in die gleichen Bahnen der Diplomatie eingezwängte Militär-
Attachés unterhielt und daß mit der deutschen Kriegsmarine ein Nach-
richtendienst des Admiralstabes emporwuchs, der zwar mehr ald der
des Generalstabs politische, im wesentlichen aber doch auch nur mili-
tärische Ziele hatte. Er entwickelte sich zudem unabhängig vom Nach-
richtendienst des Generalstabs, neben ihm und nur in loser Fühlung
mit ihm, weil beiden sowohl die gemeinsame wie die politische Leitung
fehlte.
Vom größten Schaden für die deutschen Interessen war es, daß, in
falscher politischer Einstellung, Deutschland zum militärischen Lehrmeister
fremder Völker, voran des japanischen, wurde. Was Japan auf diesem
Wege mühelos erhielt, genügte ihm. Es brauchte keinen andern Nach-
richtendienst als den, welchen Deutschland ihm selbst aufbaute.
In dieser Zeit des Verfalls, des Auseinanderfalls und der Schädigung
der Interessen einer deutschen Kriegführung spannte Frankreich seine
ganze Kraft zur „Revanche“ an, verpflichtete es sich Rußland für diese,
erschien, von Deutschlands wirtschaftlichem Aufblühen bedroht, England
auf dem Plan, brach mit dem altbewährten Grundsatz „balance of
power“ und gab der französischen Revanche-Politik gegen Deutschland
freie Bahn.
Großbritannien als Weltreich hatte von jeher einen ausgedehnten
Nachrichtendienst unterhalten müssen. Die Bedeutung desselben hatte
es im Kampf um die Weltherrschaft kennen und schätzen gelernt. Lord
Fisher, von 1904 bis 1910 gleichzeitig mit dem Aufbau der „entente
cordiale“ durch Eduard VII. erster Seelord Englands, schreibt in seinen
Erinnerungen:
„Es ist kläglich, wie sehr, nicht nur in dem letzten Kriege, sondern
auch besonders im Burenkriege, unsere Spione und unsere Nachrichten-
stellen versagten. Was mir der Sultan sagte, machte solchen Eindruck
auf mich, daß ich mich auf eigne Faust an die Arbeit machte, und durch
den Patriotismus einiger Engländer, die im Handel an den Küsten des
Mittelmeers einen hohen Stand hatten, konnte ich in der Schweiz eine
private, geheime Nachrichtenzentrale auftun, und die Vorsehung fügte,
daß ich durch eine glückliche Verkettung von Umständen imstande war,
alle Chiffremeldungen zu erhalten, die von den verschiedenen fremden
Botschaften, Gesandtschaften und Konsulaten ausgingen, sowie auch
den Schlüssel zu den Chiffren.“