Full text: Geheime Mächte - Internationale Spionage und ihre Bekämpfung im Weltkrieg und heute.

178 Rückblick und Ausblick 
von der Schuld am Kriege von vornherein den Tatsachen entsprechend 
behandelt worden. Es ist sehr wahrscheinlich, hat sich aber nicht nach- 
weisen lassen, daß Rußland bereits im Jahre 1913 sich durch seinen 
Nachrichtendienst volle Kenntnis vom deutschen Aufmarschplan im 
Westen und Osten für den Fall eines Krieges verschafft und diese auch 
der französischen Regierung mitgeteilt hatte, daß es aber in Paris wenig 
Glauben fand, weil es unwahrscheinlich schien, daß die Deutschen nur 
mit so wenigen Kräften dem russischen Heere den ersten Widerstand 
zu leisten beabsichtigten. Wenn die Vermutung, daß der deutsche Auf- 
marsch bekannt war, zutrifft, so erklärt sich die vorzeitige russische 
Mobilmachung und die Verzögerung im französischen Aufmarsch. Es 
mußte alles darauf ankommen, die Schwäche des deutschen Heeres 
im Osten auszunutzen. 
Die Vorbereitung des Krieges durch den feindlichen Nachrichtendienst 
war in Deutschland bekannt, geglaubt wurde sie aber nur im Generalstabe. 
Die Politik suchte der harten Notwendigkeit auszuweichen. Dem Volke 
gegenüber wurde nicht über die feindliche Spionage gesprochen, weil ge- 
fürchtet wurde, daß das Ubel damit vergrößert und nur immer neue 
Organe für den feindlichen Nachrichtendienst angelockt würden. Nach- 
träglich ist der Zweifel berechtigt, ob dieser Weg der richtige war. Die 
Gegner jedenfalls gingen einen anderen Weg. Sie erzogen das Volk 
bereits im Frieden in feindseliger Stimmung gegen Deutschland und 
warnten es vor dem Eindringen des deutschen Nachrichtendienstes. Von 
den Gefahren des eignen Nachrichtendienstes hielten sie ihre Völker 
frei und bürdeten sie den neutralen auf, den Krieg auch in dieser Rich- 
tung planmäßig und zweckmäßig vorbereitend. Der militärische Nach- 
richtendienst und damit das Militär überhaupt war bei ihnen schon 
vor dem Kriege ein Mittel der Politik. Anders dagegen in Deutschland. 
Eo ist der wesentlichste Unterschied des deutschen Nachrichtendienstes, daß 
er rein militärisch war und sich nicht der Unterstützung der politischen 
Faktoren zu erfreuen hatte, sondern sich gegen sie durchsetzen mußte. 
An sich war es nicht zu seinem Schaden, daß er, auf sich allein gestellt, 
seine Kräfte konzentrieren mußte, anstatt wie der des Feindes sich in 
uferlosen Weiten zu verlieren. Diese Konzentration kam aber nur zu- 
nächst dem negativen Ziel des Nachrichtendienstes zugute. Seine posi- 
tive Auswertung fand dieser nur im siegreichen Verlauf der militärischen 
Operationen. Um dagegen politisch positiv zu wirken, fehlte dem deutschen
	        
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