Kriegsvorbereitung 27
bei Kriegsbeginn durch die Schweizer Polizei ein französisches Spionage-
nest aufgehoben, das deutsche Eisenbahnkunstbauten bei Kriegsausbruch
sprengen sollte. Das „intelligence department“ des englischen Ge-
neralstabs unterhielt sein größtes Spionagebureau in Brüssel, Rue
Garchard 7, unter Leitung des Kapitäns Rengnart vom War-Staff. Nach
außen trat besonders und sehr erfolgreich in der Leitung der Ingenieur
Herbert Dale Long hervor, der auch unter dem Namen essing, Lane,
Dale-Herbst, Lenox, Long an vielen anderen Stellen im Nachrichtendienst
auftauchte. In Holland, besonders in Amsterdam, unterhielt dieses
englische Spionagebureau Zweigstellen, dort fanden auch die meisten
Besprechungen mit Spionen statt. Belgien, Holland und die nordischen
Reiche waren im übrigen selbst Gegenstand der Erkundung durch den
englischen Nachrichtendienst. Deshalb trat dieser hier außerordentlich
vorsichtig auf. Er verwendete auch deutsche Staatsangehörige zur Spio-
nage in diesen Ländern. Es wurde ihm leicht, Organe in Deutschland
und unter den im englischen Weltreich reisenden oder sich in England
aufhaltenden Deutschen zu finden, weil diese glaubten, keine ehrenrührige
Handlung, jedenfalls nicht gegen ihr Vaterland, zu begehen, wenn sie
sich die hohe Bezahlung der englischen Spione verdienten; oder die sich
dadurch geehrt fühlten, daß England sie seines Vertrauens würdigte.
Dem englischen Nachrichtendienst boten sie zudem den Vorteil, daß er
sie verleugnen konnte, wenn sie ergriffen wurden. Der englische Nach-
richtendienst ging auf diesem Wege sogar so weit, daß er versuchte,
deutsche Offiziere zur Spionage im Ausland zu verleiten, weil er zu
deren Urteil und Zuverlässigkeit das größte Vertrauen haben konnte.
Es war dies ein außerordentlich geschicktes Spiel Englands, seine Welt-
spionage zu verdecken und obendrein den Verdacht auf Deutschland ab-
zulenken, Längst, ehe der Krieg ausbrach, hatte England zweifellos
Klarheit über die militärische und maritime Stärke Hollands, Däne-
marks, Norwegens und Schwedens, hatte es feste Pläne für den Fall,
daß auch diese Staaten aktiv in den Weltkrieg hineingezogen werden
mußten, und war es im Besitz der Voraussetzungen in diesen Ländern
für den Handels= und Wirtschaftskrieg gegen Deutschland. Nur Ruß-
land machte England im Nachrichtendienst in den nordischen Staaten
einige Konkurrenz. Die Zentrale seiner Auslandsspionage lag in Kopen-
hagen, begünstigt durch die Beziehungen zwischen dem dänischen und
russischen Hof. Die Leitung hatte der General Ignatieff, in den letzten