Kriegsvorbereitung 41
und Admiralstabs gelang es erst nach langen Bemühungen, eine Ver-
schärfung des Spionagegesetzes herbeizuführen und den Einsatz besonders
geschulter Polizeikräfte gegen die Spionage zu erreichen. Die Politik
arbeitete nur für den Frieden, und vergaß darüber, sich für den Krieg
einzurichten. Die Kriegführung und alles, was damit zusammenhing,
wurde eben als eine ausschließlich militärische Angelegenheit betrachtet,
wobei die politischen Faktoren ängstlich darüber wachten, daß nicht etwa
die obersten militärischen Behörden sich mit der Politik beschäftigten.
Die Aburteilung gefangener Spione oder überführter Landesverräter
fand stets unter Ausschluß der Offentlichkeit statt. Nur Vertreter des
Generalstabs, des Admiralstabs, des preußischen Kriegsministeriums
und des Reichsmarineamts nahmen als Sachverständige an den Ver-
handlungen teil. So gewannen nur diese „unpolitischen“ Behörden einen
ummittelbaren Einblick in die Kriegsvorbereitungen der Nachbarstaaten.
Der Reichstag aber brachte den militärischen Warnungen tiefes Miß-
trauen entgegen. Er stemmte sich gegen jeden Einfluß der Militär-
behörden auf die Polizei in der Befürchtung, daß dies politischen Zwecken
dienen könne. Deutschland hatte ein Reichsheer, eine Reichsmarine.
Die Spionageprozesse wurden vor dem Reichsgericht verhandelt. Aber
eine Reichspolizei hatte Deutschland nicht. Die Bundesstaaten hatten
die Polizeihoheit und waren nicht geneigt, irgendetwas davon abzugeben.
Die Grenzen von fünf großen einzelstaatlichen Polizeigebieten durchzogen
Deutschland. Unter diesen Umständen konnte die deutsche Polizei wohl
gewissenhaft einzelnen Spionagefällen nachgehen, zu großzügiger Orga-
nisation wie beim Gegner fehlte ihr aber die Möglichkeit. Deutschland
verdankte also die Aufdeckung der Spionage vor dem Kriege weniger
seiner guten Abwehrorganisation als der Fülle der Spionage selbst.