Auf den Kriegsschauplätzen 87
um dem verhaßten Feind näher zu sein. Da es den russischen Soldaten
nicht ohne weiteres verständlich war, daß dies der Deutsche sein solle,
so wurden von der französischen Propaganda Sozialisten vom Auslande,
wie van der Velde und Thomas, verschrieben. Der Nachrichtendienst
meldete, daß sie im russischen Etappengebiet von Ort zu Ort reisten
und den Truppen auseinandersetzten, daß die Fortsetzung des Krieges
gegen Deutschland für jeden russischen Sozialisten Ehrensache sei.
Kerenfski selbst hielt anfeuernde Ansprachen an seine Truppen.
So begann unter der Kerenski-Regierung erst eine deutschfeindliche
Propaganda unter den russischen Truppen. In ihren Dienst stellten sich
die alten bekannten Revolutionäre wie Plechanow, Amphitheatrow und
die berüchtigte Breschko-Breschkowskaja. Sie arbeiteten in Wort und
Schrift unter den Truppen für Fortsetzung des Krieges. Jeder, der das
Wort „Frieden“ in den Mund nahm, wurde sofort als bezahlter deut-
scher Agent gestempelt. Es wurde wohlweislich verschwiegen, daß das
russische Blut weiterhin für fremde Zwecke eingesetzt werden sollte.
Die Erfolge dieser Propaganda zeigten sich bald. Weitere sechs Wochen
nach der Revolution war das Heer fest in der Hand der neuen Regie-
rung und die Gefangenen von nun an ausgesprochen deutschfeindlich
gesinnt. Ihre Siegeszuversicht war neu belebt. Verhandlungen, die mit
zahlreichen höheren Kommandobehörden des russischen Heeres, unter
anderen dem Oberbefehlshaber der Nordfront, General der Kavallerie
Dragomtrow, während dieser Entwicklung geführt worden waren, um
sie zu verhindern, blieben ohne Erfolg. Die französische Propaganda
hatte gesiegt.
Die Aussichten für einen militärischen Sieg hatten sich aber nicht ge-
bessert. Der Jusammenbruch der vom nationalen russischen Standpunkt
aus mit verwerflichen Mitteln und Zielen zur Macht gelangten Kerenski-
Regierung war vorauszusehen. Die Partei der Bolschewisten als Nach-
folger lag auf der Lauer. Ihr Führer Lenin befand sich in der Schweiz.
Nachdem die Jarenregierung, die ihn verbannt hatte, gefallen, konnte er
nach Rußland zurückkehren. Er hatte zwei Wege. Der eine, durch die
Ententeländer, wurde ihm von diesen versperrt. Er wandte sich an
Deutschland. Das deutsche Auswärtige Amt trat in der Erwartung,
der deutschfeindlichen Kerenski-Regierung Schwierigkeiten zu bereiten,
für die Bewilligung seines Gesuches um Durchreise durch Deutschland
ein. Die deutsche Oberste Heeresleitung widersprach anfangs, erteilte