Auf den Kriegsschauplätzen 91
Jenseits der Front, in Griechenland, war der englische und franzö-
sische Nachrichtendienst seit Kriegsbeginn auf dem Posten. Hier hielt
sich Frankreich zurück, stand England im Vordergrund und verlieh dem
Nachrichtendienst die dem englischen eigene großzügige hochpolitische
Note. Griechenland war ferner die Basis des Spionage- und Propa-
gandadienstes gegen die Türkei, der hauptsächlich über Smyrna ging.
In den Levantinern stand ein ausgezeichnetes Personal zur weiteren
Ausdehnung in Kleinasien zur Verfügung.
In den Rücken des bulgarischen Heeres kam über die Donau herüber
eine starke rumänische Spionage, in Verbindung mit der russischen durch
den Nachrichtendienst Frankreichs geleitet. Daneben lief schon vor der
russischen Revolution eine nicht unbedeutende bolschewistische Propa-
ganda. Sie hatte in dem Bauernstaat Bulgarien keine Aussicht auf
Erfolg, trug aber wesentlich zur Verschlechterung der Volksstimmung bei.
Die rein türkischen Kreise verhielten sich loyal gegen Bulgarien, aber
ihre eigenen türkenfeindlichen Gruppen, die Armenier und Levantiner,
taten, was sie konnten, um die Türkei auch in dem verbündeten Bulga-
rien zu schädigen. Beide Volksstämme entwickelten eine starke Propa-
ganda gegen den Krieg auf bulgarischem Boden, wobei sie sich mit den
ententefreundlichen Kreisen des Landes trafen.
Der Nachrichtendienst wirkte also auf dem Balkan hauptsächlich poli-
tisch, um militärische Kräfte zu sparen und vor allem politisch die Front
der Mittelmächte an ihrer empfindlichsten Stelle von allen Seiten an-
zugreifen und zu durchbrechen. Dies Ziel wurde völlig erreicht. Der
Vorstoß der Salonikiarmee am 15. September 1913 traf auf eine ver-
lassene Front. Es war kein militärischer, sondern ein ausgesprochen poli-
tischer Sieg und Verrat von bulgarischer Seite. Daß es dahin kommen
mußte, stand seit Anfang April des Jahres fest. Mitte Juli konnte der
deutsche Nachrichtendienst, auf Meldungen aus Bulgarien gestützt, das
Ereignis auf den Tag genau voraussagen. Der Krebsschaden, daß das
Ententekapital im Balkan führend vertreten war, daß einflußreiche
Kreise nach Paris neigten, hat diesen Ausgang herbeigeführt.
Erwähnt muß noch werden, daß der Vertreter der Vereinigten Staaten,
in Bukarest und Sofia gleichzeitig beglaubigt, die amerikanischen Inter-
essen selbständig durch eine erfolgreiche, gegen die Mittelmächte gerich-
tete Propaganda vertrat. Dies wurde ihm dadurch ermöglicht, daß der
Standpunkt aufrecht erhalten und von Bulgarien angenommen wurde,