Auf den Kriegsschauplätzen 97
an suchte sie in Osterreich-Ungarn ihr Hauptziel. Die Zahl der ergriffenen
und verurteilten italienischen Agenten war verhältnismäßig gering, was
darin seine Erklärung findet, daß sie von der irredentistisch gesinnten
Bevölkerung der südwestlichen Grenzgebiete gedeckt wurden. Besonders
war es der Verein Dante Alighieri, der sich die Förderung der Irredenta
angelegen sein ließ. Sein öffentlicher Zweck war der Schutz und die
Verbreitung der italienischen Sprache. Er war zwar in Osterreich ver-
boten, doch gehörten sowohl dem gentralverein in Rom, wie den Orts-
gruppen in Nord-Italien zahlreiche österreichische Staatsangehörige an.
Er stand in engster Verbindung mit dem Nachrichtendienst des ita-
lienischen Generalstabes. Er unterhielt Vertrauensleute in Triest, Rove-
reto, Trient, Pola, Görz und vielen anderen Städten. Da er dem ita-
lienischen Generalstabe auch geheime Dokumente der österreichischen
Wehrmacht lieferte, so war erwiesen, daß er auch Mitglieder in den
Reihen italienisch gesinnter österreichischer Militärs hatte. Diese wurden
„amici“ genannt, d. h. Freunde, weil sie nicht gegen Geld, sondern aus
Uberzeugung der Gesinnung mit dem Verein arbeiteten.
Die Kleinspionage wurde vor dem Kriege sehr erfolgreich durch
Spione betrieben, die sich unter den alljährlich zu Tausenden in der
Monarchie aupfhaltenden italienischen Arbeitern befanden. Auch zahl-
reiche Beamte waren italienischen Stammes. Eine Reihe von Hochver-
ratsprozessen, die auch noch während des Krieges stattfanden, zeigte
die wahre Gesinnung manches Angehörigen der Lega nazionale, Gio-
vanni Fiume und anderer Vereine, die angeblich nur kulturellen Zwecken
gedient hatten. Die im Kriege erbeuteten Akten eines italienischen Armee-
oberkommandos lieferten eine ganze Liste von Leuten, die, meist aus
Südtirol stammend, alles Wissenswerte über die militärischen Vorgänge
in Tirol dem Kundschafterbureau in Verona geliefert hatten.
Wie Rußland die Monarchie bis an die italienische Grenze durchsetzte,
so tat dies Italien bis nach Budapest und Bosnien.
Die italienischen Konsulate wurden aus Rücksicht auf das Dreibund-
verhältnis geschont, obgleich auch sie sich am Nachrichtendienst be-
teiligten. Die italienischen Militärattachés beteiligten sich seit 1906,
in welchem Jahre der durch Spionage kompromittierte Major Delmastro
Wien verlassen mußte, nicht mehr am Nachrichtendienst. Auf den ita-
lienischen Marineattaché war dieses Verbot nicht ausgedehnt.
An das Gebiet der italienischen Irredenta schloß sich das von der
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