$ 51. Ausdehnung der gesandtschaftlichen Rechte und Exemtionen ctec. 191
$ 51. Ausdehnung der gesandtschaftlichen Rechte und Exemtionen
auf das Personal der Mission. Nach geltendem Recht finden die gesandt-
schaftlichen Privilegien und Exemtionen auch auf die übrigen Mitglieder
der Gesandtschaft Anwendung, obgleich der rechtliche Grund der eximierten
Stellung nur bei dem Gesandten als Repräsentanten des fremden Staats und
bei jenen Personen des Gefolges zutrifft, die in offizieller Funktion an Stelle
des Gesandten als Geschäftsträger tätig werden. Derzeit genießen das Privi-
leg der Unverletzlichkeit, die Exemtion von der Gerichtsbarkeit sowie die
Befreiung von direkten Steuern und Lasten das ganze Personal der Gesandt-
schaft (Botschafts-, Gesandtschaftsräte, -Sekretäre, -Attache’s, die Ärzte, Geist-
lichen, welche der Mission angehören), ferner die Familie des Gesandten, die
Familien der genannten Personen und die Dienerschaft aller dieser Personen!).
Anlaß zu Kontroversen hat insbesondere die Exemtion der Dienerschaft gege-
ben, zumal gerade die privilegierte Stellung dieses Teils des nichtoffiziellen
Personals keinerlei Beziehung zu den Bedingungen einer freien und unge-
störten Ausübung der gesandtschaftlichen Funktionen aufweist 2).
Die traditionelle Ausdehnung der Exention des Chefs der Mission von
der Gerichtsbarkeit auf das Gefolge hat in der Praxis mancherlei Übelstände
herbeigeführt. Die Frage der Einschränkung dieser Exemtion ist übrigens
namentlich dadurch begründet, daß die Zustände und mangelhaften Einrich-
tungen der Staaten, in Folge deren ausgedehnte Privilegien zu Gunsten
fremder Missionen immerhin notwendig erscheinen mochten, derzeit in den
Kulturstaaten einer regelmäßig und sicher funktionierenden Rechtsordnung
gewichen sind. Ausnahmen von der Herrschaft dieser Rechtsordnung sind
nur aus triftigen Gründen gerechtfertigt. Diese Gründe liegen allerdings
bezüglich der Person des Repräsentanten eines fremden Staates in vollem
Maße vor; ebenso bezüglich jener Mitglieder des offiziellen Personals der
fremden Missionen, die zur Vertretung des Chefs der Mission und sohin zur
offiziellen Repräsentation der fremden Macht autorisiert sind bezw. ihrer Ver-
treter, endlich bezüglich der Gemahlin des Chefs der Mission; sie liegen da-
gegen augenscheinlich nicht vor bezüglich der übrigen Mitglieder des offiziellen
Personals, bezüglich der Kinder und sonstigen Glieder der Familie des Ge-
sandten sowie der Familien der übrigen Personen der Mission3). Soweit
1) $ 19 des deutschen GVG dehnt die in $ 18 normierte Exemtion von der Gerichts-
barkeit „auf die Familienglieder, das Geschäftspersonal der im $ 18 erwähnten Personen und
auf solche Bedienstete derselben, welche nicht Deutsche sind“, aus.
2) Bei den Kongressen zu Münster und Ryswyk waren die Gesandten übereingekommen,
daß alle Vergehen ihrer Diener von der Ortsobrigkeit abgeurteilt werden sollten. Geffcken,
HH IIl S. 661.
3) Der Lehr’sche Entwurf (Annuaire XIl p. 273) bezeichnet die Personen, die außer
dem Chef der Mission (Art. 14) die Befreiung von der Jurisdiktion genießen sollen: „La
meme immunit& appartient: 1. A celui des membres de la mission qui est indiqu& par le
ministre comme son reprösentant ou remplacant &ventuel; 2. A la femme du chef de mission
et & celle du dit reprösentant ou remplacant. Das Reglement Art. 12 (Annuaire X1V p. 243)
sagt dagegen: Le ministre public & l’Ctranger, les fonctionnaires officiellement attaches A sa
mission et les membres de leur famille demeurant avec eux sont exempts de toute juridiction
civile ou criminelle .. .