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das geht alle Jahrhunderte hindurch, das erbt immer der
Sohn vom Vater. Und für den König haben nicht nur die
gestimmt, die jetzt leben, sondern auch ihre Väter, Großväter
und Urgroßväter und deren Väter, Großväter und Urgroß-
väter; und die haben nicht nur so für ihn gestimmt, daß sie
in ein Zimmer zum Wählen gingen und da sagten: „Na ja,
für den stimmen wir,“ sondern sie haben so für ihn gestimmt,
daß sie für ihn ihr Leben hingaben auf dem Schlachtfelde.
So hat der König sein Recht erworben; aber das hatten seit
1848 viel Leute vergessen, und das ist Fürst Bismarcks größtes
Verdienst, daß er im Verfassungskonflikt die Leute wieder
daran erinnert hat.
Freilich sagen nun manche Leute: „Wenn er Recht ge-
habt hätte, dann hätte er doch nicht brauchen um Verzeihung
zu bitten; denn er hat doch um Indemnität gebeten und
Indemnität heißt doch Verzeihung.“ — Das Wort will ich
euch nun gleich erklären. Es gibt z. B. Vereine, die eine
Kasse haben; da darf denn nichts herausgenommen werden,
wenn es nicht der ganze Verein beschließt. Wenn da nun
plötzlich ein Vereinsmitglied stirbt und begraben wird, ehe
der Verein wieder einmal zusammenkommt, dann könnte der
Verein ja dem Mitglied keinen Kranz für den Sarg schicken,
weil kein Geld dafür aus der Kasse genommen werden darf.
Aber dann nehmen die Leute, die die Kasse haben, doch Geld
daraus und kaufen den Kranz. Und wenn dann der Verein
wieder zusammenkommt, dann bitten sie um Indemnität.
Damit wollen sie auch nicht sagen: „Wir haben Unrecht
getan, verzeiht uns doch, wir wollen es auch nicht wieder
tun,“ sondern sie meinen doch nur: „Wir konnten eure Zu-
stimmung nicht zur rechten Zeit bekommen, darum gebt sie
jetzt nachträglich, damit alles in Ordnung kommt. Aber
wenn es wieder einmal so kommt, dann machen wir es
natürlich wieder ebenso."