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die sächsische Mundart auch die ober- oder hochdeutsche nannte,“)
so ist sie die Grundlage des Hochdeutschen geworden.)
b) Maler-, Bau- und Rechenkunst. Der Scheffel erhielt 16 Metzen.
Wir Sachsen sind stolz darauf, daß sich in unserm Lande nicht
blos die Landwirthschaft, der Handel und die Gewerbe außerordentlich
vervollkommnet haben, daß ferner in verschiedenen Anstalten Wissen-
schaften gepflegt werden und daß der Unterricht des Volkes in Schulen
gefördert wird — wir freuen uns auch, daß verschiedene Künste
blühen und sich nach und nach in einer Weise ausgebildet haben, die
Sachsen alle Ehre macht.
Bis zum Jahre 1500 war in unserm Vaterlande für die Kunst
gar nichts geschehen. In den Klöstern hatte man sich allenfalls mit
Malerei, vielleicht auch mit Bildhauerei beschäftigt, aber etwas Weiteres
ist nicht bekannt. Sollte ein Kunstwerk ausgeführt werden, z. B.
wichtige Altargemälde,“") große Bauwerke und dergleichen, so wandte
man sich an das Ausland und fremde Künstler wurden herbeigerufen.
Nach dem Jahre 1500 finden wir in Sachsen einen der berühmtesten
Maler; es war Lukas Kranach. Seiner Geburt nach stammte er
aus Bayern. Friedrich der Weise lernte ihn in Koburg kennen und
nahm ihn mit an seinen Hof. Lukas Kranach lebte unter drei
sächsischen Kurfürsten: unter Friedrich dem Weisen, Johann dem
Beständigen und Johann Friedrich dem Großmüthigen. Kranach
erlangte als Maler einen der berühmtesten Namen. In der welt-
bekannten Gemäldegalerie zu Dresden befinden sich von ihm allein
29 Gemälde; auch die schöne Annenkirche zu Annaberg besitzt einige
Gemälde dieses Künstlers. Im Jahre 1537 erlangte er zugleich auch
die Bürgermeisterstelle in Wittenberg, und als sein kurfürstlicher Herr,
an dem er mit unbegrenzter Liebe hing, 1547 in des Kaisers Ge-
fangenschaft gerieth, gab er seine Stelle auf, begleitete den unglück-
lichen Kurfürst auf seinen dornenvollen Pfaden und ging mit ihm
nach Weimar, wo er ein Jahr vor dem Tode seines Herrn starb.
Wie es ungefähr bis zu 1500 mit der Malerei beschaffen war,
so stand es auch mit der Baukunst. Große Baumeister in Sachsen
*) Ober= oder hochdeutsche Mundart ist der Gegensatz von nieder-oder
plattdeutsch.
*“) Die seit der Reformation in der Schrift= und höheren Umgangs-
sprache zur Geltung gekommene hochdeutsche Sprache ist eigentlich die neu-
bochdeutsche da man auch eine alt= und eine mittelhochdeutsche unterscheidet.
ie althochdeutsche umfaßt ungefähr die Zeit von 600 bis etwa 1100 und
die mittelhochdeutsche die Zeit von ungefähr 1100 bis zur Reformation.
***) Das berühmte Altargemälde in der Marienkirche zu Zwickau wurde
2 von dem großen Maler Michael Wohlgemuth aus Nürnberg aus-
geführt. «