J. Die früheren Vewohner unsers Vaterlandes.
1. Wer sie waren und wie sie sich in unserm setzigen Vaterlande
ausbreiteten.
Unser Vaterland, das Königreich Sachsen, wird von einem
deutschen Volksstamme, den Sachsen, und von eißfem slavischen, den
Wenden, bewohnt. In der frühesten Zeit hatten im jetzigen Sachsen,
sobald wir von der gegenwärtigen genauen Begrenzung absehen,
andere Volksstämme ihren Wohnsitz aufgeschlagen. Es waren dies
die Hermunduren und nach ihnen die Thüringer. Jene waren
ein deutscher Nomadenstamm und hatten sich in der Mitte Deutsch-
lands und im größten Theile des westlichen Sachsens niedergelassen.
Etwas später, als 300 nach Christo, ging zwar der Name, jedenfalls
aber nicht das Volk der Hermunduren unter; nach und nach, so meint
man wenigstens, habe sich derselbe in Thüringer“) umgestaltet.
Ist dem so, dann sind die Thüringer Nachkommen der alten Hermun—
duren, welche Annahme viel für sich hat, da ein so großes Volk,
wie dieses, wohl nicht so ohne Weiteres aus der Geschichte ver—
schwunden sein dürfte.
Die Thüringer, ebenfalls ein mächtiges Volk, besaßen im
mittleren Deutschland ein großes Königreich, das im Jahre 531 (5272)
zerstört wurde. Nach dem Untergange desselben finden wir in unserm
Vaterlande ein Volk, das nicht den Deutschen oder Germanen, sondern
den Slaven angehörte, es waren dies die bereits erwähnten (Sorben-)
Wenden. In alter Zeit bewohnte das jetzige südliche Rußland ein
aus Asien eingewandertes Volk, Slaven genannt. Ein Stamm
derselben, die Wenden, drang weiter nach Westen vor und nahm das
*) Die ersten zwei Silben „Hermun“ seien weggefallen und es habe
sich allmählich der Name Thuren, Turonen, Toringer, Thüringer gebildet.
Geschichte Sachsens. 1