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mischte sich in das Jammergeschrei der Unglücklichen. Feuermeere,
in welchen Dörfer und Städte untergingen, verwandelten weit umher
die Nacht in hellen Tag. Räubern gleich brach man in die Ställe
ein, trieb das Vieh in Heerden zusammen und entführte es als Beute
den Eigenthümern. Wohin Holk, dieser Wütherich, kam, hinterließ
er schauderhafte Denkmäler seiner Grausamkeit. Schutt= und Aschen-
haufen zerstörter Dörfer und Städte, zertretene Feldfrüchte, nieder-
geschmetterte Menschen bezeichneten die Spuren seines Marsches.
Am meisten hatte die Stadt Oelsnitz zu leiden. Dieselbe war,
wie viele Städte damaliger Zeit, mit einem Graben und einer Ring-
mauer umgeben. Leider war die Besatzung nur eine schwache, darum
griffen alle Einwohner zu den Waffen, um die geringe Mannschaft
zu unterstützen und Weib und Kind, Haus und Hof gegen die
Wütheriche vor der Stadt zu schützen. „Es wurden zwar“ — erzählt
Jahn in der Geschichte des Voigtlandes — „noch einmal Ver-
handlungen mit der Stadt angeknüpft; allein während sich die Bürger
mit Berathschlagen beschäftigten, überstiegen die Croaten, Panduren
und Wallonen die doppelten Graben und Ringmauern, und nun war
aller Widerstand vergebens. Ein fürchterliches Blutbad begann und
gegen 1000 Menschen fielen theils durch das Schwert dieser raub-
gierigen Krieger, theils durch das empörte Element der Flammen.
Weder des Priesters am Altare, noch des unschuldigen Kindleins
wurde geschont; weder das silberweiße Haar des Greises, noch das
unschuldige Lächeln des Kindes vermochte den Grimm der wüthenden
Rotte aufzuhalten, und nichts war zu heilig, was man nicht entheiligt
hätte. Während der Nacht ging die Stadt in Feuer auf, das so schnell
um sich griff, daß niemand dem empörten Elemente ausweichen konnte
und über 500 Menschen elendiglich in den Kellern erstickt sind. Selbst
dem Feinde verbrannten gegen 200 Pferde und vieles Gepäck, wobei
insbesondere Piccolomini einen ungeheuern Schaden erlitt, indem ihm
ein silbernes Tafelgeschire, gegen 600 000 Mark an Werth, nebst
zwei andalusischen Streitrossen verbrannte. Die ganze Stadt glich
einem Aschenhaufen, die Einwohner waren theils gemordet, theils
gefangen hinweggeschleppt, und Oelsnitz blieb über vier Wochen lang
unbewohnt.“
Nicht viel besser erging es den Städten Adorf, Schneeberg,
Zwickau, Marienberg, Buchholz, Scheibenberg, Oederan, Frauenstein
und anderen Ortschaften. Da war Jammer und Herzeleid, wie noch
nie gewesen. Wer sich retten konnte, floh; aber wohin? Dichte
Wälder, einsame Höhlen, tiefe Bergwerke, dunkle Klüfte waren die
Schlupfwinkel, wohin man flüchtete.
Wie eine Wetterwolke nahte sich Holk mit seinem Heere auch
der Stadt Annaberg. Die Einwohner zitterten, denn ihrer harrte
dasselbe Schicksal, welches viele Ortschaften des Voigtlandes und