— 248 —
kamen. Der erste Angriff war gegen Dänemark gerichtet. Um das
dänische Heer, das ins Holsteinische eingefallen war, kümmerte sich
Karl XII. nicht. Er steuerte mit seiner Flotte ohne Weiteres auf
die Hauptstadt des Landes, auf Kopenhagen zu, und da ihm hier eine
Landung nicht glückte, so wandte er sich einige Meilen südlich, und
hier war er glücklicher. Mit dem Degen in der Hand sprang Karl
aus dem Schiffe, durchwatete das seichte Ufer, und begeistert folgten
ihm seine Krieger. Die dänischen Kanonen öffneten ihren Rachen
und schleuderten den Schweden Verderben bringende Kugeln entgegen.
Karl blieb ruhig wie der ergrauteste Held und auf seinem Antlitz
lagerte nicht die leiseste Spur von Furcht. — „Was bedeutet denn
dieses Pfeifen in der Luft?“ fragte er einen General (Stuart). —
„Majestät, das sind die feindlichen Kugeln, die uns um die Ohren
zischen“, lautete die Antwort. — „Gut“, erwiderte der König, „das
soll künftig meine Musik sein.“
Der Dänen Verschanzungen wurden erobert. Was fliehen konnte,
floh nach Kopenhagen. Hier herrschte Schrecken und Angst. An
Widerstand war nicht zu denken. Die beiden Bundesgenossen der
Dänen konnten nicht zu Hilfe eilen und tief beschämt mußte der König
um Frieden bitten, welchen er auch erhielt.
Zu den Friedensbedingungen gehörte unter andern auch die
Bestimmung, daß der König von Dänemark dem Bündnisse mit Polen
und Rußland entsagen mußte, und so hatte sich Karl XII. eines
Feindes glücklich entledigt. Noch gab es deren zwei zu besiegen. Auch
diese gedachte der jugendliche Held zu demüthigen. Die vereinigten
Polen und Sachsen waren in Liefland eingefallen. Trotz des
ungewöhnlichen Muthes, welchen besonders die Sachsen zeigten, wollten
dennoch ihre Waffen keinen glänzenden Vortheil erringen. Man hatte
sich den Kampf leichter gedacht. Diesen Irrthum verschuldete der
liefländische Edelmann von Patkul, welcher Friedrich August vor—
gespiegelt hatte, daß sich die liefländischen Edelleute wie Ein Mann
erheben und die Waffen gegen Schweden führen würden. Zunächst
hatten es die Sachsen auf die befestigte Hauptstadt Lieflands, auf Riga,
abgesehen. Alle Anstrengungen blieben erfolglos. Friedrich August
gerieth in Verlegenheit und da er nicht mehr auf seinen Bundes-
genossen, den König von Dänemark, rechnen konnte, mußte er seine
Hoffnung auf den zweiten Verbündeten, auf den russischen Kaiser, setzen.
Nach langem Zögern rückte dieser endlich mit 80 000 Mann vor.
Karl XII. warf sich sogleich diesem Feinde entgegen. Im November 1700
traf er seinen Gegner bei Narwa, nicht weit vom jetzigen Petersburg.
Ein so ungleicher Kampf, wie er sich hier vorbereitete, kommt wohl
nicht zum zweiten Male in der Kriegsgeschichte vor. Etwas über
8000 Schweden standen — so wird behauptet — 80 000 Russen
gegenüber.