Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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kamen. Der erste Angriff war gegen Dänemark gerichtet. Um das 
dänische Heer, das ins Holsteinische eingefallen war, kümmerte sich 
Karl XII. nicht. Er steuerte mit seiner Flotte ohne Weiteres auf 
die Hauptstadt des Landes, auf Kopenhagen zu, und da ihm hier eine 
Landung nicht glückte, so wandte er sich einige Meilen südlich, und 
hier war er glücklicher. Mit dem Degen in der Hand sprang Karl 
aus dem Schiffe, durchwatete das seichte Ufer, und begeistert folgten 
ihm seine Krieger. Die dänischen Kanonen öffneten ihren Rachen 
und schleuderten den Schweden Verderben bringende Kugeln entgegen. 
Karl blieb ruhig wie der ergrauteste Held und auf seinem Antlitz 
lagerte nicht die leiseste Spur von Furcht. — „Was bedeutet denn 
dieses Pfeifen in der Luft?“ fragte er einen General (Stuart). — 
„Majestät, das sind die feindlichen Kugeln, die uns um die Ohren 
zischen“, lautete die Antwort. — „Gut“, erwiderte der König, „das 
soll künftig meine Musik sein.“ 
Der Dänen Verschanzungen wurden erobert. Was fliehen konnte, 
floh nach Kopenhagen. Hier herrschte Schrecken und Angst. An 
Widerstand war nicht zu denken. Die beiden Bundesgenossen der 
Dänen konnten nicht zu Hilfe eilen und tief beschämt mußte der König 
um Frieden bitten, welchen er auch erhielt. 
Zu den Friedensbedingungen gehörte unter andern auch die 
Bestimmung, daß der König von Dänemark dem Bündnisse mit Polen 
und Rußland entsagen mußte, und so hatte sich Karl XII. eines 
Feindes glücklich entledigt. Noch gab es deren zwei zu besiegen. Auch 
diese gedachte der jugendliche Held zu demüthigen. Die vereinigten 
Polen und Sachsen waren in Liefland eingefallen. Trotz des 
ungewöhnlichen Muthes, welchen besonders die Sachsen zeigten, wollten 
dennoch ihre Waffen keinen glänzenden Vortheil erringen. Man hatte 
sich den Kampf leichter gedacht. Diesen Irrthum verschuldete der 
liefländische Edelmann von Patkul, welcher Friedrich August vor— 
gespiegelt hatte, daß sich die liefländischen Edelleute wie Ein Mann 
erheben und die Waffen gegen Schweden führen würden. Zunächst 
hatten es die Sachsen auf die befestigte Hauptstadt Lieflands, auf Riga, 
abgesehen. Alle Anstrengungen blieben erfolglos. Friedrich August 
gerieth in Verlegenheit und da er nicht mehr auf seinen Bundes- 
genossen, den König von Dänemark, rechnen konnte, mußte er seine 
Hoffnung auf den zweiten Verbündeten, auf den russischen Kaiser, setzen. 
Nach langem Zögern rückte dieser endlich mit 80 000 Mann vor. 
Karl XII. warf sich sogleich diesem Feinde entgegen. Im November 1700 
traf er seinen Gegner bei Narwa, nicht weit vom jetzigen Petersburg. 
Ein so ungleicher Kampf, wie er sich hier vorbereitete, kommt wohl 
nicht zum zweiten Male in der Kriegsgeschichte vor. Etwas über 
8000 Schweden standen — so wird behauptet — 80 000 Russen 
gegenüber.
	        
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