Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

— 257 — 
Unsere unglücklichen Landsleute, die Polens wegen die furchtbarsten 
Strapazen ertragen hatten, ernteten jetzt den schnödesten Undank. 
In wilder Parteiwuth erhob man sich gegen die sächsischen Truppen 
und da die Uebermacht ihrer Feinde zu groß war, so mußten sich 
unsere Landsleute scharenweise niederhauen oder unmenschlich quälen 
lassen. Am unglücklichsten erging es neun sächsischen Offizieren, welchen 
die wüthenden Polen Hände und Füße abhieben und sie in diesem 
elenden Zustande auf die Straße warfen. Diese abscheuliche That 
vergalt zwar Feldmarschall Flemming auf der Stelle wieder, indem 
er eine Anzahl gefangener Polen aufknüpfen ließ, allein die Sachsen 
waren dessenungeachtet ihres Lebens in diesem unglückseligen Lande 
nicht sicher. 
Nachdem Friedrich August den Polen die Entlassung der sächsischen 
Truppen versprochen hatte, beruhigten sich die Gemüther. Endlich 
wurde auch von Schweden aus die Hand zum Frieden geboten. Der, 
welcher so mannhaft das Schwert geschwungen, Karl XII., war zwar 
nicht geneigt, sie seinen Gegnern zu reichen, vielmehr beabsichtigte er 
den Kampf mit Einsetzung aller seiner Macht fortzuführen. Ganz 
unerwartet stand aber der schwedische Held am Ziele seiner Laufbahn. 
Im Jahre 1718 traf ihn bei Friedrichshall, als er das Festungswerk 
besichtigte, eine Kugel, die augenblicklich seinen Tod herbeiführte. Ein 
Jahr später — 1719 — schlossen Schweden und Polen Frieden. 
Friedrich August blieb bis an seinen Tod im Besitz seines König- 
reichs, aber von Herzen freuen konnte er sich desselben nicht. Unruhen, 
Streitigkeiten aller Art, Widerstand der Edelleute verbitterten ihm 
die Freude, der Beherrscher eines der größten Staaten Europas 
zu sein. — Verlassen wir Polen und kehren wir zu unserm geliebten 
Vaterlande zurück. 
72. Friedrich August als Oberbefehlghaber des christlichen Feeres gegen 
die Türken. — Einführung des verbesseerten (Gregortanischen) 
Ralenders, 1700. — Das Werben der HSoldaten. 
Die Regierungsgeschäfte in Polen hatten unsern Kurfürsten oft 
genöthigt, unser Sachsenland zu verlassen und seinen Aufenthalt in 
seinem Königreiche zu nehmen. Aber auch in der kurzen Zeit von 
1694 bis 1696, als Polen und Sachsen noch in keiner Verbindung 
standen, weilte unser Kurfürst einigemal in fernen Landen. Die 
Türken waren es wieder, welche die Christenheit bedrohten, und ihr 
Nahen war um so fürchterlicher, als sie diesmal von ihrem Groß- 
sultan (Mustapha II.) selbst angeführt wurden. Zunächst ward Ungarn 
von diesem gefährlichen Feinde heimgesucht. Unser Kurfürst eilte mit 
seinen Sachsen dem Kaiser zu Hilfe und dieser übertrug dem jungen 
Geschichte Sachsens. 17
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.