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Dieser Mann war der schon oben erwähnte Graf") Heinrich
von Brühl. Frühzeitig schon suchte er ein Unterkommen als Page
an einem fürstlichen Hofe. In dieser Stellung machte er großes
Glück, was er namentlich seiner heiteren Gemüthsart und seinem sehr
feinen und gewandten Benehmen zu verdanken hatte. Dasselbe Glück
begleitete ihn auch an den Hof August des Starken. Dieser schenkte
dem Herrn von Brühl seine ganze Gunst und ernannte ihn zu seinem
Kammerherrn, in welcher Eigenschaft er unsern Kurfürsten fast auf
allen seinen Reisen begleitete. Nachdem sich Brühl noch anderer
Auszeichnungen zu erfreuen gehabt hatte, schien sein Glücksstern
wieder untergehen zu wollen, da sein fürstlicher Herr 1733 mit Tode
abging. Allein der sehr gewandte Brühl verstand es meisterhaft, sich
auch die Gunst des neuen Kurfürsten zu erwerben, und dieser erhob
ihn kurz nach seinem Regierungsantritte zum Kabinets= und später
zum Premierminister. Hätte Friedrich August ahnen können, zu welch
großem Verderben diese Ernennung dem Sachsenlande gereichen würde,
sicherlich hätte er bei seiner Gutmüthigkeit sein Vertrauen einem wür-
digeren Manne geschenkt.
Der neue Minister verfolgte einen doppelten Plan, und zwar
nach und nach die oberste Leitung aller Staatsangelegenheiten in seine
Hände zu bekommen und den Kurfürsten soviel als irgend möglich
von allen Regierungsgeschäften fernzuhalten. Anfangs hielt er noch
etwas an sich, weil ihm noch ein, vom Kurfürsten sehr geschätzter
Minister zur Seite stand. Als dieser entfernt war, hatte Brühl ganz
freie Hand und verfolgte nunmehr seine Pläne ohne alle Rücksicht.
Ein hohes Amt nach dem andern riß er an sich, so daß die verschie-
denen Gehalte, die ihm jährlich zuflossen, fast 159 000 M. betrugen.
Brühl galt alles in allem. War eine Staatsstelle zu besetzen —
Brühl allein wählte den Beamten; fehlte es an Geld — Brühl legte
dem Lande nach Willkür Steuern auf, oder er ließ den Beamten
keinen Gehalt und den Soldaten keine Löhnung auszahlen. Er selbst
lebte prachtvoller, als ein Fürst. Bei den von ihm veranstalteten
Gastmählern und anderen Festlichkeiten herrschte ein Aufwand, wie er
bei Königen nicht gefunden wurde. Ihn umgab eine Dienerschaft
von 200 Personen, und ebenso zahlreich war seine Leibwache, die er
sich für seine Person hielt und die er aus seinen Mitteln fürstlich
besoldete. In seinen Gemächern herrschte ein Prunk, der ans Un-
glaubliche grenzte)
*) In den Grafenstand wurde er im Jahre 1748 erhoben.
) Ueber 20 prachtvolle Kronleuchter verbreiteten in den Zimmern einen
zauberischen Lichtglanz, welcher von prunkvollen Wandspiegeln zurückgestrahlt
wurde. In seinen Zimmern standen 30 Sophas, die Schränke (34 hinterlassen.,
Kommoden (58 hinterlassen) zierten die theuersten Kunstwerke von Gold,
Silber, Porzellan, Elfenbein, Glas 2c. Nach Brühls Tode fand man ferner