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außerdem war unsere Armee im Auslande zu erhalten. Das war
eine Zeit ängstlichen Harrens, eine Zeit schwerer Prüfungen, aber
auch eine Zeit der herrlichsten Kundgebungen. Die alte Sachsentreue
strahlte wiederum im hellsten Lichte, und alle Versuche, die Liebe
zu dem angestammten Fürstenhause zu erschüttern, blieben zum Leid-
wesen derer, welche die traurige Rolle des „Abwendigmachens“
übernommen hatten, gänzlich erfolglos.
Endlich nahmen mit Beginn des Monats September die Friedens-
unterhandlungen in Berlin ihren Anfang. Dem Anfange fehlte aber
ein günstiger Fortgang. Der Monat ging zu Ende, aber nicht der
Kriegszustand in unserem schwer geprüften Vaterlande. Schon neigte
sich der Oktober seinem Ende zu und immer noch harrte man der
frohen Botschaft: „Friede! Friede!“ Es war am 21. Oktober, als
diese heißersehnte Kunde der Sachsen Herz mit Jubel erfüllte. Am
genannten Tage war der Friede zwischen Preußen und Sachsen
zum Abschluß gelangt.
In etwas wurde diese Freude durch die Bedingungen herab-
gestimmt, unter denen der Friede nur zu erlangen gewesen war.
Sachsen hatte unter anderem an Preußen 30 Millionen Mark Kriegs-
kosten zu zahlen"), unser König mußte das Staatstelegraphenwesen
Preußen überlassen“) und sich verpflichten, in den damals zu be-
gründenden Norddeutschen Bund einzutreten, das Militärwesen nach
preußischer Art umzugestalten und die Armee bedeutend zu vermehren.
Damit die Erfüllung dieser Bedingung möglichst beschleunigt werde,
blieben mehrere sächsische Städte von preußischen Truppen besetzt.
Mit Ausnahme der Besatzung auf dem Königstein wurde Weih-
nachten 1867 sämmtliches preußisches Militär aus Sachsen zurück-
gezogen.
Jc) Rückkehr des Königs nach Sachsen.
Wie oben erwähnt, hatte sich unser König nach der Schlacht
bei Königsgrätz mit seiner Armee nach Wien begeben, wo er sich
11 Wochen lang, und zwar in dem Schlosse Schönbrunn, aufhhielt.
Hierauf wählte er Prag und dann Karlsbad zu seinem Auf-
enthaltsorte. Am 26. Oktober endlich sollte er wieder in das Land
*) Drei Millionen Mark wurden Sachsen zu Gute gerechnet, weil
Preußen von der sachsisch -schlesischen Eisenbahn die Strecke an sich nahm,
die sich von der sächsischen Grenze bis Görlitz hinzieht. Abgesehen von dieser
Bedingung, hatte Preußen sich bereits früher das Recht vorbehalten, diesen
Theil der Bahn käuflich zu erwerben.
)JIst nun, wie das Postwesen, gemeinsame Angelegenheit des
Deutschen Reiches geworden. n gelegenh
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