Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

eine andere Weise kund. Markgraf Friedrich, von Gram nieder— 
gebeugt, seine Ländereien in den Händen eines fremden Eroberers 
zu wissen, hatte sich bis zur gelegeneren Zeit in die Verborgenheit 
zurückgezogen. In ein schlichtes Pilgergewand gekleidet, irrte er 
länderlos von Ort zu Ort, in seinem Schmerz von der Hoffnung ge— 
stärkt, der gerechte Gott im Himmel werde, wenn Zeit und Stunde 
käme, den Leidenskelch von ihm nehmen. 
Und diese Stunde kam. Friedrich kam eines Tages als Pilgrim 
nach Freiberg und sprach hier bei einem achtbaren Bürger ein. Dieser 
nahm den Fremdling auf in sein Haus mit Freuden, trug auf Brot 
und Wein und pflegte sein. Während der Pilgrim sich an dem Mahle 
stärkte, unterhielt sich der Wirth mit einem anderen Bürger. Ihr 
Gespräch betraf die Schmelzhütten, die beide in einiger Entfernung 
von Freiberg besaßen. Ihrer Klugheit war es gelungen, die reichen 
Silbervorräthe der Habgier der fremden Eroberer zu entziehen. Ohne 
sich etwas merken zu lassen, schenkte der Fremde dieser Unterredung 
seine ganze Aufmerksamkeit. Einer der Besitzer jener Schmelzhütten, 
Haberberger mit Namen, äußerte bei der Freude über seinen ge— 
retteten Schatz gegen seinen Bekannten, Namens Berlewin, den 
Wunsch: „O, daß doch unsere lieben Markgrafen hier sein und diesen 
Klumpen Silbers sehen könnten, gern gäben wir ihnen solchen Schatz 
hin, daß sie ein Heer werben und das arme Vaterland von seinen 
Drängern befreien könnten!“ Bei diesen Worten sprang der Pil- 
grim von seinem Sitze auf, warf sein Oberkleid ab und rief aus: 
„So nehmet Euren unglücklichen Herrn bei Euch auf, Ihr Treuen! 
Wohl kannte ich die Treue meiner Freiberger, darum blieb ich immer 
in der Nähe dieser Stadt!“ 
Da erfaßte Freude und Schmerz die Herzen dieser Edlen; Freude, 
weil sie das Angesicht ihres rechtmäßigen Landesvaters sahen, — 
Schmerz, weil der Markgraf in seinem eigenen Lande wie ein Ver- 
folgter umherirren und geschehen lassen mußte, daß hier ein Fremder 
liebeleer nach Willkür schaltete. Der Freude war aber jetzt mehr, 
als der Trauer. In diesem Augenblicke erkannten die beiden Bürger 
aus eigener Erfahrung, daß Geben seliger ist, als Nehmen. Mit 
freudigem Entzücken boten sie dem Markgrafen ihre reichen Silber- 
vorräthe an. Ihr Beispiel ermunterte die übrigen Bürger Freibergs 
zu einem Wetteifer im Geben. 
Erhoben durch solche Treue und Anhänglichkeit und reich ge- 
macht durch solch ansehnliche Opfer, entflammte Friedrichs Muth zu 
neuen Thaten. Er warb ein Heer. Ein frischer Hoffnungsstrom 
durchdrang die Herzen der Krieger. Scharenweise eilten sie den 
Fahnen ihres Markgrafen zu. Ihres Sieges gewiß, griffen sie die 
fremden Eindringlinge an und trieben sie wie eine scheue Herde von 
dannen. Kaiser Adolph hatte das Land einem Statthalter anver-
	        
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