Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Sein Anführer der Kavallerie, Kunz von Kaufungen, wurde gefangen 
genommen und nach Böhmen in Sicherheit gebracht. Jetzt wandte sich 
Wilhelms Heer abermals gegen Gera. Apel von Vitzthum ermuthigte 
die Böhmen durch die schändlichsten Versprechungen zur Tapferkeit. 
Er erlaubte ihnen, nach erfolgter Eroberung der Stadt mit den 
Einwohnern und ihrem Eigenthum nach Belieben verfahren zu können. 
Dies half; denn Raub und Mord war ja zum Lieblingshandwerk 
der Böhmen geworden. Wie Wölfe heulend, begannen sie den neuen 
Angriff. Alle Gegenwehr wurde zur Ohnmacht; am 16. Oktober 1450 
fiel Gera in die Hände der Feinde. Alles, was einen lebendigen 
Odem hatte, vom Greise bis zum Kinde, wurde schonungslos nieder- 
gestochen. Eine Stätte war noch vorhanden, die Schutz zu bieten 
versprach. Es war ein Gotteshaus. Aber auch hier ereilte die Un- 
glücklichen der Tod. Der gottlose Apel von Vitzthum ließ die Kirche 
zusammenschießen, so daß die Unglücklichen unter ihren Trümmern 
begraben wurden. Fünftausend Leichen bedeckten die Straßen. Apels 
Grausamkeit war noch nicht befriedigt. Er ließ die entvölkerte Stadt 
in Brand stecken. Wo kurz vorher friedliche Bürger in Wohlstand 
gelebt hatten, wogte jetzt ein furchtbares Flammenmeer. Das Blut 
der erschlagenen Bürger schrie aber nicht umsonst um Rache! 
Als Herzog Wilhelm erfuhr, daß alle diese Grausamkeiten auf 
Vitzthums Anstiften verübt worden waren, fiel es ihm wie Schuppen 
von den Augen. Nun erkannte er diesen Bösewicht in seiner wahren 
Gestalt. Vitzthum fiel in Wilhelms Ungnade, und dieser jagte ihn, 
wie er es verdiente, zum Lande hinaus. Zwanzig Jahre später soll 
dieser Mensch, der so viel Unheil in Sachsen angestiftet, in Böhmen 
gestorben sein. 
Gera's Schutthaufen, sowie überhaupt die angerichteten Ver- 
heerungen wirkten mächtig auf Wilhelms Gemüth. Ihm wurde nun 
endlich klar, welch Unglück Haß und Unversöhnlichkeit anzurichten im 
Stande seien. Die edleren Gefühle der Bruderliebe wurden wieder 
wach und vielleicht zum ersten Male regte sich aus eigenem Antriebe 
in seinem Innern die Sehnsucht, seinem Bruder die Hand zur Aus- 
söhnung zu bieten. Daß sie dieser nicht zurückweisen würde, wußte 
er zwar schon von früher, aber er sollte einen noch größeren Beweis 
brüderlicher Liebe erfahren; einen Beweis, der ihn zu Thränen gerührt 
haben soll. 
Während der Schlacht vor Gera's Eroberung befand sich 
Friedrich in einer Schanze, dem Heere Wilhelms gegenüber. Von 
der Schanze aus konnte man genau beobachten, wie der Herzog 
Wilhelm in seinem Lager unbesorgt umherging und allerlei Anord- 
nungen traf. Friedrichs Feldhauptmann, Harras, trat jetzt mit den 
Worten zu dem Kurfürsten: „Es ist ein gar geschickter Büchsen- 
meister bei uns in der Schanze, der könnte mit einem einzigen
	        
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