— 46 —
Brandenburg trug der religiöse Widerwillen der lutherischen
Stände gegen den reformierten Kurfürsten viel dazu bei, die Wi-
derstandskraft des Staates lahm zu legen. Wie viel selbst kleine
deutsche Gemeinwesen, wenn sie einmütig alles daran setzten, für
Glauben und Freiheit noch leisten konnten, bewies 1628 Stral-
sun ds siegreicher Widerstand. Daß aber die evangelischen Stände
im ganzen Reich den Waffen der Liga und des Kaisers so schnell
und völlig erlagen, hatte seinen Grund in dem Mangel an einem
großen, alle überragenden und mit sich fortreißenden Führer; als
sich ein solcher in Gustav Adolf fand, lag alsbald wieder der
Katholizismus am Boden.
Die Barbarei, mit welcher der Krieg geführt wurde, (z. B.
vom Heere Tillys bei der „Magdeburger Hochzeit“ 20.—23. Mai
1631), war zum Teil eine Folge des religiösen Fanatismus, zum
Teil die Wirkung des Söldnerwesens. Denn die Haufen
vaterlandsloser, verwilderter Soldknechte, welche für Geld jeder
Fahne dienten, kannten zwischen ihren Lüsten und dem Gut und
Blut des wehrlosen Volkes keine Schranke als die Gewalt, und
nur Gustav Adolf hielt gute Mannszucht. Die andern Heer-
führer, besonders Wallenstein mit seinen 100 000 Blutsaugern,
ernährten den Krieg durch den Krieg, und zuletzt wurde nicht die
Vernichtung des feindlichen Heeres, sondern die Aussaugung
möglichst weiter Landstriche der Zweck der militärischen Be-
wegungen. Selbsthilfe der gequälten Bevölkerung war hoffnungs-
los, weil Dresfur, Bewaffnung, Taktik den Soldaten ein allzu
großes Ubergewicht gaben. Nur im Leiden zeigte sich das Volk
noch stark: für seinen evangelischen Glauben ließ es vielerorten
(besonders in Schlesien vor General Dohna dem „Selig-
macher") Haus und Hof im Stich und wanderte ins Elend.
II. Vom Regierungsantritt des Großen Kurfürsten
bis zur Erhebung Preußens zum Königreich,
1640—1701.
Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst (1640—1688).
5*# 32. Friedrich Wilhelm war 20 Jahre alt (geboren
16. Februar 1620 Tneuen Stils] zu Berlin), als er, der starke
Sohn eines schwachen Vaters, die Regierung der hohenzollernschen