— 223 —
Blum: „Dürfte ich nun von Eurer Durchlaucht — be-
sonders um in meinem Werke deutsch-freisinnige Legenden
zu widerlegen — einige Aufschlüsse über die kurze Regierungs-
zeit Kaiser Friedrichs erbitten, namentlich hinsichtlich Ihres
Verhältnisses zu den Majestäten und der Königin von Eng-
land bei dem Auftauchen und Verlaufe des Battenbergischen
Heiratsprojektes? Interessant wäre mir dabei auch, zu er-
fahren, ob die damalige Notiz der den Hofkreisen nahe-
stehenden Berliner Politischen Korrespondenz irgend eine tat-
sächliche Grundlage hatte: daß die Königin von England
selbst dieses Vorhaben zu Fall gebracht habe, da sie von Eurer
Durchlaucht politischen Bedenken gegen jene Vermählung
durchdrungen gewesen sei?“
Bismarck: „Das ist auch eine Legende, wenn auch keine
deutsch-freisinnige! Ich müßte doch etwas von dieser freund-
lichen Unterstützung meiner Bedenken durch die Königin Vik-
toria erfahren haben. Mir ist aber gar nichts davon bekannt
geworden. Ebenso ist aber anderseits auch alles Legende,
was über angebliche Beweise der Ungunst der Königin von
England und des Kaiserpaares gegen mich behauptet worden
ist. Denn die Königin Viktoria von England ist mir bei
ihrem Besuche in Berlin im April 1888 überaus huldvoll
begegnet. Sie hat mir sogar, und das ist immer ein Beweis
ganz besonderer Freundschaft, ihr Bild geschenkt — es ist
in Schönhausen. "„
Auch mit dem Kaiser Friedrich und mit seiner Gemahlin,
der Kaiserin Viktoria, habe ich zur Zeit der Regierung
dieses Kaisers immer im besten Einvernehmen gestanden.
Etwa zwischen uns auftauchende Meinungsverschiedenheiten
wurden seitens der Moajestäten mit mir in freundlichster Weise
verhandelt. Die Kaiserin Viktoria ist überhaupt sehr klug
und klar. Nicht selten trat sie, wenn ich bei ihrem kaiser-
lichen Gemahl erschien, um einen Antrag an ihn zu richten,
vor mir in dessen Krankenzimmer, um ihn auf meinen Antrag