— 293 —
Staatssekretäre, die Polenpolitik, die Hetze gegen
die Junker.“
Bismarck: „Für die Aufrechterhaltung der bundesstaat-
lichen Verfassung des Reiches liegt unverkennbar eine Gefahr
darin, daß die Staatssekretäre der verschiedenen Reichsämter,
die nach der Verfassung nichts weiter sein sollen, als Unter-
gebene, bezw. Stellvertreter des Reichskanzlers, mehr und
mehr die Stellung selbständiger Reichsminister einzunehmen
beginnen. Die deutsche Reichsverfassung ist mit vieler Sorg-
falt so gefügt, daß der Bundesrat seine Bestimmung, den
Willen der Gesamtheit der Bundesstaaten zum Ausdruck zu
bringen und jedem Staate das ihm zuerkannte Maß von
Einfluß auf die Reichspolitik zu sichern, ungehindert erfüllen
kann. Es liegt eine Fälschung dieser föderativen Verfassung
nach der Richtung des Unitarismus darin, wenn die dem
Reichskanzler untergeordneten Staatssekretäre de facto wie
selbständige Reichsminister auftreten und die Politik des
Reiches im Bereiche ihrer Ressorts selbständig zu leiten suchen.
Wenn die Reichsstaatssekretäre unabhängig von den Instruk-
tionen, die ihnen der preußische Minister des Auswärtigen
als verfassungsmäßiges Organ für die Instruierung der
preußischen Bundesratstimmen nach Maßgabe der Beschlüsse
des preußischen Staatsministeriums erteilt, die Geschäfte
führen, so fehlt der Reichspolitik das Schwergewicht, welches
in den Beschlüssen des preußischen Staatsministeriums als
Korporation liegt. Die Garantieen, die im Bundesrate für
die Aufrechterhaltung der verfassungsmäßigen Zustände und
der Rechte der Einzelstaaten liegen, erfahren auf diese Weise
eine Abschwächung.
Die Polen sind eines der wirksamsten Instrumente zur
*) „Tägliche Rundschau“. Nr. 65 vom 18. März 1897.
Penzler: „Fürst Bismarck nach seiner Entlassung“", Bd. UVII,
S. 265 f.