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sen in der Reichstagssitzung vom 30. Oktober 1889 gestellte
Forderung eines selbständigen verantwortlichen Reichsfinanz-
ministers, statt des nicht voll verantwortlichen Staatssekretärs
des Reichsschatzamtes. Bennigsen muß ein großes Vertrauen
in mich setzen, daß er, der meine Ansicht in diesem Punkte
kennen müßte, so gesprochen hat, wie geschehen.“
Bezüglich des Entwurfes eines neuen Sozialistengesetzes,
der nach der ersten Lesung im Reichstag an eine Kommission
verwiesen war, in welcher eben jetzt eingehende Debatten
namentlich über die Ausweisungsbefugnis und die Geltungs-
dauer des Gesetzes stattfanden, sagte Bismarck, er werde
vor der zweiten Lesung sich zu nichts herbeilassen und von jedem
Abgeordneten eine Abstimmung verlangen. „Sollte der Ent-
wurf mit der Aenderung angenommen werden, daß die Aus-
weisung nur auf einige Jahre genehmigt wird, so werde
ich den Reichstag deshalb nicht auflösen.“)
Friedrichsruh, 25. November 1889.
Unterredung mit dem Reichstagsabgeordneten
von Helldorff Bedra, betreffend das Sozialisten-
gesetz.“
Biemarck: „Die Bekämpfung der Sozialdemokratie ist das
günstigste Schlachtfeld, auf dem eine naturgemäße und im
*) Eine Bismarck-Erinnerung von G. Schmidt in den „Ham-
burger Nachrichten" Nr. 165 vom 7. März 1904 berührt die
damals schon mehr als 15 Jahre zurückliegende Geschichte eines
jungen Hampurger Mädchens, das die Hände des Kanzlers küßte,
worauf derselbe sagte: „Dann wollen wir es schon lieber so machen,
kleines Fräulein.“ Dabei neigte er sein Gesicht herab, und drückte
einen herzhaften Kuß auf ihren Mund.
"*) Nach Bismarcks Mitteilungen an den Abg. v. Kardorff-
Wabnitz „Berliner Neueste Nachrichten“ Nr. 92 vom 24. Fe-
bruar 1900. Helldorf schreibt hierüber im Märzheft der „Deut-
schen Revue“ von 1900: „Nach der Ankunft in Friedrichsruh
Frühstück, dann eine lange Spazierfahrt durch den Sachsenwald.