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gar manchen Genüssen zu entsagen und dabei doch froh und
heiter zu sein; dies kam mir späterhin oft sehr zu statten.
Ein Vorzugsstudent bin ich nie gewesen, doch kam ich immer
mit allen Ehren durch meine Examina durch.“
Sodann sprach Bismarck von der Zeit, wo er als preußi-
scher Gesandter in Petersburg weilte und oftmals mit großen
Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. „Sie haben an der Newa
so gar kein richtiges Verständnis für unser berechtigtes deut-
sches Fühlen und Empfinden, und wenn ich anstatt von Preußen
von Deutschland sprach, so wies man mit nicht zurückgehaltener
Ironie und damals leider auch nicht mit Unrecht auf unsere
Kleinstaaterei und unsere politische Zerklüftung hin.
Am Frankfurter Bundestage hatte ich manch' harte
Schlacht mit dem österreichischen Vertreter durchzukämpfen.
Besonders schwierig war oft meine Lage dem Baron Prokesch-
Osten gegenüber, der sich über Gebühr auf den Gesandten der
Präsidialmacht aufspielte und uns Preußen mit Vorliebe wie
gewöhnliche Parvenüs behandelte. Bei wichtigen Abstimmun-
gen pflegte ich mich zu wiederholtenmalen der Stimmabgabe zu
enthalten, nach mir kamen die Vertreter der übrigen König-
reiche von Bayern, Württemberg, Sachsen und Hannover, sie
Alle stimmten für den österreichischen Antrag, und ein trium-
phierendes Lächeln umspielte die Lippen des Herrn Baron.
Ganz unvermutet erlaubte sich hierauf der Repräsentant eines
kleinen Herzogstums, in Folge einer vorher mit mir gehabten
Unterredung, gegen die österreichischen Vorschläge Stellung
zu nehmen. Ein niederschmetternder Blick des Baron Prokesch
schien den kühnen Redner vernichten zu wollen, als ich mich
erhob und mit scharfer Betonung sagte, daß ich mich ganz
und gar mit den Ansichten des verehrten Vorredners muden-
tifiziere. Da kannte der Ingrimm des Präsidial-Gesandten
keine Grenzen mehr, er schäumte ordentlich vor Wut auf, und
gab sich in seinem ungestümen Zornesausbruche derartige
Blößen, daß er, der sonst so begabte Mann, mit einer di-
plomatischen Niederlage endete.