Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

abstemii — Abwässer. 19 
abstemii (Kirchenrecht) sind Perso- 
nen, welche den Wein (beim Abendmahl) 
nicht vertragen können und daher an 
einem defectus corporis leiden; vglHer- 
genröther KirchR? 221. 
Abstention als politische Maßnahme: 
Fernhaltung von Wahlen. 
Absterbeordnung, Mortalitäts- oder 
Sterbetafel ist die mathematische Grund- 
lage der Lebensversicherung;; sie zeigt an, 
wie lange der Versicherte (d. h. eine Per- 
son seines Alters usw) noch leben wird. 
Abstimmung ist die Ausübung des 
Stimmrechtes, d. h. die maßgebliche Er- 
klärung über die in das persönliche Be- 
lieben bzw das pflichtmäßige Ermessen 
einer Person gestellte Entscheidung, so 
namentlich bei Wahlen, Beschlüssen kor- 
porativer Organe, bei Gerichten und an- 
deren kollegialen Behörden. Die A kann 
öffentlich oder geheim erfolgen; ev kann 
eine Erforschung der geheimen A aus- 
drücklich untersagt sein, so besteht nach 
G 200 ein Schweigegebot für Schöffen und 
Geschworene. 
Siehe die Stichworte Abgeordnetenhaus, Beratung, Bun- 
desrat, Reichstag 
Abstrakt heißt ein Rechtsgeschäft (S. 
d.), welches von seinem Grunde losgelöst 
ist. Siehe auch Anerkenntnis, Schuldver- 
sprechen, Wechsel. — Den Gegensatz zu 
den abstrakten Rechtsgeschäften bilden 
die kausalen (s. d.). 
Abstufung der Gesandten im Völ- 
kerrechte siehe Gesandte. 
Abt ist der Leiter eines Klosters (s.d.), 
dem bischöfliche Gewalt, auch in bezug 
auf Ordination, verliehen werden kann. 
Die Vorsteherin eines Nonnenklosters 
heißt Abtissin. 
Abteilungen des Grundbuches (s. d.). 
Abtreibung ist die Tötung der exi- 
stenten Frucht im Mutterleibe. Die Hand- 
hıng (S 218, Absatz 1) kann dadurch ge- 
schehen, daß die entwickelungsfähige le- 
bende Frucht aus dem Mutterleibe ent- 
fernt wird und dadurch untergeht, oder 
dadurch, daß die im Mutterleibe lebende 
Frucht ohne Entfernung ertötet wird. Im 
ersteren Falle verneinen einzelne Schrift- 
steller (so v. Liszt Lehrbuch!? 330) das 
Erfordernis der Tötung, wollen vielmehr 
auch die vorsätzliche Einleitung einer 
Frühgeburt (Abort, s. d.) als A bestrafen. 
Mit Recht wendet sich die herrschende 
Lehre gegen diese polizeistaatliche Auf- 
fassung; siehe namentlich RG 4 380; 
Frank Komm’? 346, 
  
Im einzelnen wird nach S bestraft: 
1. eine Schwangere, welche ihre Frucht 
vorsätzlich abtreibt oder im Mutterleibe 
tötet, S 218 Abs 1 (Zuchthaus bis zu 
5 Jahren, bei mildernden Umständen Ge- 
fängnis nicht unter 6 Monaten); 
2. wer mit Einwilligung der Schwan- 
geren die Mittel zu der Abtreibung oder 
Tötung bei ihr angewendet oder ihr bei- 
gebracht hat, S 218, Abs 3 (gleiche Strafe); 
3. wer einer Schwangeren, welche ihre 
Frucht abgetrieben oder getötet hat, 
gegen Entgelt die Mittel hierzu verschafft, 
bei ihr angewendet oder ihr beigebracht 
hat (Lohnabtreibung), S 219 (Zuchthaus 
bis zu 10 Jahren); 
4. wer die Leibesfrucht einer Schwan- 
geren ohne deren Wissen oder Willen 
vorsätzlich abtreibt oder tötet, S 220 Abs 1 
(Zuchthaus nicht unter 2 Jahren); 
5. wird durch die Handlung zu 4 der 
Tod der Schwangeren verursacht, so tritt 
Zuchthaus nicht unter 10 Jahren oder le- 
benslängliches Zuchthaus ein, S 220 Abs 2, 
Über die medizinische Seite siehe Fruchtabtrelbung. _ 
Vgi Jungmann Verbrechen der A, 93; Lewin Die 
FruchtA durch Gifte?, 04; Über die Strafbarkeit der Per- 
foration (8. Fruchtabtreibüng) vgl Radbruch Geburta- 
hilfe und Strafrecht, 0 
Abtrennung von Teilen des Staatsge- 
bietes siehe Gebiet. 
Abtreten des Angeklagten aus der 
Hauptverhandlung (s. d.). 
Abtretung von Forderungen siehe 
Übertragung. 
Abtretung des Herausgabeanspru- 
ches siehe Besitz, Eigentum. 
Abtrieb. Läßt sich ein Fremder (Aus- 
märker) in der Gemeinde nieder, so hat 
jedes Gemeindeglied das Recht, seiner 
Niederlassung innerhalb eines Jahres zu 
widersprechen. Hieraus ist später die 
Nachbarlosung (s. d.) entstanden. 
Lex Sallca tit 45 de migrantibus; vgl Waitz VertG 
118; Behrend Lex Salica®! 91; Gelfcken Lex Salica 
abusus, Mißbrauch der Kirchengewalt; 
siehe recursus ab abusu. 
Abwässer sind die aus einem Betriebe 
als Residuüm der Betriebstätigkeit sich er- 
gebenden, für diesen nicht verwertbaren 
Flüssigkeiten, z. B. Laugen, Farbwässer, 
Spülicht. Da sie, falls eine Verwendung 
in Nebenzweigen des Betriebes technisch 
nicht durchführbar oder rationell ist, 
eine Belästigung des Betriebes bilden, 
werden die A in fließende Gewässer ab- 
geleitet, deren Bestimmung nach herr- 
schender Ansicht (RG 38 268) hierauf ge- 
richtet ist. Privatrechtlich stellt sich die Zu- 
9%
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.