— 260 —
(Nr. 10843). Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervor-
ragenden Gegenden. Vom 15. Juli 1907.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc.,
verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags der Monarchie,
was folgt:
1.
Die baupolizeiliche Genehmigung zur Ausführung von Bauten und
baulichen Anderungen ist zu versagen, wenn dadurch Straßen oder Mätze der
Ortschaft oder das Ortsbild gröblich verunstaltet werden würden.
2.
Durch Ortsstatut kann für bestimmte Straßen und Plätze von geschichtlicher
oder künstlerischer Bedeutung vorgeschrieben werden, daß die baupolizeiliche Ge-
nehmigung zur Ausführung von Bauten und baulichen Anderungen zu versagen
ist, wenn dadurch die Eigenart des Orts= oder Straßenbildes beeinträchtigt
werden würde. Ferner kann durch Ortsstatut vorgeschrieben werden, daß die
baupolizeiliche Genehmigung zur Ausführung baulicher Anderungen an einzelnen
Bauwerken von geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung und zur Ausführung
von Bauten und baulichen Anderungen in der Umgebung solcher Bauwerke zu
versagen ist, wenn ihre Eigenart oder der Eindruck, den sie hervorrufen, durch
die Bauausführung beeinträchtigt werden würde.
Wenn die Bauausführung nach dem Bauentwurfe dem Gepräge der Um-
gebung der Baustelle im wesentlichen entsprechen würde und die Kosten der trotz-
dem auf Grund des Ortsstatuts geforderten Anderungen in keinem angemessenen
Verhältnisse zu den dem Bauherrn zur Last fallenden Kosten der Bauausführung
stehen würden, so ist von der Anwendung des Ortsstatuts abzusehen.
§ 3.
Durch Ortsstatut kann vorgeschrieben werden, daß die Anbringung von
Reklameschildern, Schaukästen, Aufschriften und Abbildungen der Genehmigung
der Baupolizeibehörde bedarf. Die Genehmigung ist unter den gleichen Voraus-
setzungen zu versagen, unter denen nach den §9) 1 und 2 die Genehmigung zu
Bauausführungen zu versagen ist.
84.
Durch Ortsstatut können für die Bebauung bestimmter Flächen wie Land—
hausviertel, Badeorte, Prachtstraßen besondere, über das sonst baupolizeilich zu—
lässige Maß hinausgehende Anforderungen gestellt werden.
85.
Der Beschlußfassung über das Ortsstatut hat in den Fällen der 9§ 2
und 4 eine Anhörung Sachverständiger vorauszugehen.