Chemnitz und Pufendorf. 599
können. Sie würden besser thun, es dem König von Frankreich zu über-
liefern, sowie Hagenau, immer unter der Bedingung, daß es dem Koaiser der-
einst durch einen Friedenstractat zurlckgegeben werden solle. Und nun heißt
es: „préservant par ce moyen tous les pays voisins du dit Brisach, de
Iiun et de D’autre cöté du Rhin, d'etre exposés au péril due la Religion
catholique et T’autorité de I’Empereur en soient bannies pour toujours“
(Mémoires de La Force tom. III, pag. 394). Wie weit entfernt war diese
Aussicht zu einem allgemeinen Frieden; das Nächste und Wirksamste war die
Besitznahme der Plätze und der Schutz des Katholicismus.
Noch ein anderes Motiv tritt hiebei hervor, das wir aus Chemnitz kennen
lernen. Den Orten Buchsweiler und Ingweiler, welche zuerst besetzt wurden,
ließ der Marschall de La Force wissen, der König wolle ihnen seinen Schutz
angedeihen lassen, weil sie beide dem Hochstist Metz zugehbrig seien, dessen
Inhaber jent der König von Frankreich sei. Auf die Einwohner wirkte dies
Anerbicten mehr als jede entgegengesetzte Vorstellung; die verhoffte Ruhe und
Sicherheit überwog, wie Chemnitz sagt, alle anderen Motive. Man sieht, die
weitreichenden Ansprlüche von Frankreich bildeten sich schon damals. Auf die
Vornehmeren wirkt das religiöse Motiv, auf die Anderen der Wunsch einer
friedlichen Existenz in den allgemeinen Stürmen. Ganz in diesem Sinne ar-
beitete der Kurfürst von Trier. Chemnitz versichert, „er habe sich auf das
Aeußerste bemüht, Philippsburg den Franzosen zuzuschanzen, und die Garnison
selber habe die Festung lieber dem König von Frankreich als den Königlich-
schwedischen und den Eoangelischen gegönnt“. In dem Excerpt Pufendorfs ist
das Alles weggefallen.
So lesen wir bei Pusendorf nur mit wenigen Worten, daß die Unter-
stützung, welche die Spanier und die Liga im Februar 1634 von der Stadt
Cöln erwarteten, durch einen daselbst entstandenen Auflauf verhindert worden
sei. Dieser Tumult ist doch merkwürdiger, als man hienach vermuthen sollte.
Nach Chemnitz hatten die Jesuiten in Cöln eine Gesellschaft zu Stande ge-
-bracht, welche sich die der Treuherzigen nannte, und durch die sie Alles er-
fuhren, was in der Stadt vorging. So wurde ihnen nun auch bekannt, daß
in dem engeren Rathe der Stadt der Bürgemeister und noch ein Nathsherr
sich dem Vorhaben, mit den Schweden und den Evangelischen öffentlich zu
brechen und den Spaniern zu Hülfe zu kommen, widersetzt hatten; durch einen
von ihrer Gesellschaft, der im Rathe saß, kam dies zu ihrer Kunde, und sie
säumten nicht, es den Kurfürsten von Cöln und Mainz zu hinterbringen, welche
den Bürgemeister und den mit ihm einverstandenen Rathsherrn zur Rede stell-
ten. Man kam bald den Urhebern der Meldung auf die Spur. Bei dem
Versuch, sie festzunehmen, brach ein Tumult auf der Straße aus, der den
Schuldigen Gelegenheit gab, sich zu entfernen. Ohne Zweifel ein für den
Zeitpunkt wichtiges Ereigniß, durch welches ein bedentendes und gefährliches
Unternehmen verhindert wurde. Pufendorf begnügt sich mit den Worken
„auxiliis Coloniensium ob tumultum ibi excitatum retardatis“. Diese
Bemerkungen ließen sich noch vielfach vermehren; aber ich denke, schon das
Angeführte ist genug.
Pufendorfs commentarü de rebus suecicis sind, wie sich ergiebt, zum größ-
ten Theil nichts Anderes als eine Reproduction des Geschichtsbuchs von Chemnitz