118 Elftes Buch. Erstes Capitel.
Schmettau, da der König durch einen plötzlichen Krankheitsfall ge-
hindert war sich an den Rhein zu verfügen, daß den beiden dort
commandirenden Generalen Coigny und Noailles noch am 12. August
die Ermächtigung zugefertigt wurde, den Prinzen Carl anzugreifen.
An demselben Tage kam in der Armee des Prinzen der Befehl an,
sich zurückzuziehen; offenbar wäre dies der Augenblick gewesen, um
einen entscheidenden Schlag zu führen.
Wir brauchen nicht die Möglichkeiten der Tagemärsche 1), die
Wahrscheinlichkeiten der Erfolge abzuwägen: die Thatsache steht fest,
daß es den Franzosen, die sich des in ihr Gebiet gedrungenen Feindes
nur zu erwehren wünschten, als ein Glücksfall erschien, ihn durch die
Bewegungen eines fernen Verbündeten zum Rückzug genöthigt zu
sehen. Diesem aber nun ihrerseits durch die Bekämpfung der Ab-
ziehenden einen wesentlichen Dienst zu leisten oder auch nur Rache
für den Angriff zu nehmen, kam ihnen nicht in den Sinn. Am
21. August stand die französische Armee, wo nicht in überlegener
Zahl, doch von gleicher Stärke, der österreichischen gegenüber, aber
sie ließ geschehen, daß diese in der Nacht ihr Lager abbrach und sich
ungestört nach ihren Brücken über den Rhein bewegte. Am 23., als
der Rheinübergang bei Beinheim bewerkstelligt wurde, haben einzelne
französische Abtheilungen kleine und zerstreute Angriffe gemacht, die
zu nichts führen konnten.
Was ließ sich auch von Noailles erwarten, von dem Graf
Rothenburg, sein Verwandter, dem König von Preußen schon immer
gesagt hatte, daß er zwar ein Mann von Geist und auch militärischem
Talent sei, in der Stunde der Gefahr aber weder Entschlossenheit
noch freien Blick zeige. Durch das Ereigniß von Dettingen war er
noch besonders vorsichtig gemacht. Gegen die Vorwürfe, die er er-
fuhr, entschuldigte er sich damit, daß er Alles mit Vorwissen des
Grafen von Seckendorf gethan habe; allein damit setzte er nur diesen
selber widerwärtigen Vermuthungen aus. Man fand es sehr be-
merkenswerth, daß der General des Kaisers dessen Sache nicht besser
führe 5.
1) Schmettau an Seckendorf, schon am 20. Aug. Am 13., 14., 16. hätte
ein Corps über den Rhein gehen können. 4 bateaux et 12 chevalets de
Plus auroient fait passer ce corps, et l'auroient mis suffsamment en
Etat pour barrer les ponts, que les ennemis ont sur le Rhin.
2) Chambrier: Le M de Noailles s'appuye beaucoup pour sa defense
sur ce qu’il W'a rien fait sans I’avis et le consentement du M de Secken-
dorf, et si le dernier y a réellement adhére comme le MI de Noailles