Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Feldzug in Schlefien, im Frühjahr 1746. 155 
drohte Stelle führen könne, in Cantonnirungen zu verlegen: das 
Hauptquartier war einige Wochen lang in der Abtei. Man genoß 
des beginnenden Frühjahrs und freute sich an dem Anblick der in 
jeder Hinsicht wiederhergestellten muthvollen und schlachtbegierigen 
Armee. Prinz Ferdinand berechnet, daß an den 114000 M., die 
der König überhaupt aufstelle, höchstens noch 1500 fehlen können. 
Die Cavallerie sei complet und remontirt; die Infanterie ebenfalls 
vollständig, etwa die Regimenter ausgenommen, welche zur Garnison 
von Prag gehört haben, und auch für diese komme ein Rekrutentrupp 
nach dem andern an; man sehe die im vorigen Feldzug entlaufenen 
Deserteure zu ihren alten Fahnen zurückkehren; der Gesundheitsstand 
sei vortrefflich. Der König bemerkte mit Vergnügen, daß auch die 
Gesinnung sich wieder befestige. Die Gemüther der Offiziere seien 
auf den Ton gestimmt, wic er es wünsche; Alles sei guten Muthes, 
voll Vertrauen; ein Jeder werde seine Pflicht thun und mit seinem 
Blute bezahlen; in der Ehre des Staates sehe ein Jeder auch seine 
besondere Ehre ½). 
So war Fürst und Heer auf den großen Kampf vorbereitet, 
dessen Vorspiele nun schon an den Grenzpostirungen begannen. 
In dem Oppelnschen Flecken Rosenberg ward ein preußischer 
Major von einer mehr als zehnfachen Uebermacht feindlicher Husaren 
unter General Caroly angegriffen und nach tapferer Gegenwehr ge- 
nöthigt zu capituliren. Hierauf brachen, in der bestimmten Absicht, 
Vergeltung auszuüben, die Preußen von Cosel und von Oppeln gegen 
die österreichischen Quartiere auf dem rechten Oderufer los, hoben sie 
auf oder sprengten die Truppen, die sie in offenem Felde fanden, 
auseinander. Fürs erste gewann die preußische Cavalleric das Ueber- 
gewicht wieder, und gar manche eingetriebene Brandschatzung ward 
den Insurgenten wieder entrissen. General Caroly hatte sein Haupt- 
duartier in einem Walde. Für ihn selber war ein Zelt da; seine 
Gefährten lagerten sich unter Bäumen oder unter freiem Himmel am 
Rand der Moräste. 
Etwas besser disciplinirt waren die Schaaren, welche Esterhazy 
gegen Jägerndorf heranführte. Was einst Marwitz auf eigene Hand 
beschlossen, hielt der König jetzt selbst für nöthig; er befahl dem Mark- 
1) Camenz, 13. Mai. Er rühmt überhaupt den Aufenthalt: Gräce à 
dieu tout continuc à jouir ici de la santé la plus parfaite et de tout 
le repos et la tranquillité imaginable. Le séjour d’ici est a#sez agréable 
Par rapport à la belle situstion se trouvant à portée pour tout, pour 
se porter à Neisse etc.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.