Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Feldzug in Schlesien, im Frühjahr 1745. 159 
Auge, die sich nun über das Gebirge bewegte. Am 2. Juni hatte 
der Prinz sein Hauptquartier in Baumgarten, der Herzog in Bolken- 
hain; ihre Schlachtbegier ward durch die Nachricht von der Eroberung 
von Cosel und ein Gerücht, dem sie gern glaubten, daß der König 
im Begriff sei sich zurückzuziehen, aufs neue angereizt; sie meinten 
ihre neuen Fahnen durch den Einzug in Breslau einzuweihen und sich 
in dieser Stadt für alle ihre Entbehrungen zu entschädigen. 
Am Morgen des 3. versammelten sich die österreichischen und 
sächsischen Generale auf den Anhöhen von Hohenfriedberg und be- 
stimmten die Gebirgsöffnungen, durch welche man hervorrücken wollte: 
gegen Mittag setzte sich das ganze Heer in acht Colonnen in Marsch; 
die beiden Heerführer nahmen ihr Mittagsmahl auf einer jener Höhen 
ein und machten sich das Vergnügen, die verschiedenen Züge aus dem 
Gebirge hervorrücken zu sehen, alle zu gleicher Zeit, mit fliegenden 
Fahnen und klingendem Spiel, wie zu einem Feste. 
Indem sie sich in Bewegung setzten, befand sich König Friedrich 
auf einer diesen Gebirgsausgängen gegenüberliegenden Anhöhe, bei 
Striegau; schon die beiden Tage vorher war er dahin gekommen, um 
die Feinde mit eigenen Augen zu beobachten. Endlich sah er sie, wie 
er wünschte, aus ihrem Lager anrücken; der aufsteigende Staub gab 
zu erkennen, welche Richtung sie nahmen; man konnte ihre Colonnen, 
ihre Cavallerie und Infanterie unterscheiden und abnehmen, wohin 
ihr Weg sie führen werde. Er eilte nach seinem Lager bei Jauernik, 
welchem für den nächsten Tag angesagt war, stehen zu bleiben. Jetzt 
aber, sagte er, indem er vom Pferde stieg, sind sie, wo wir sie haben 
wollten; er befahl, daß die ganze Armee, Reiter, Fußvolk und Ge- 
schütz noch an dem nämlichen Tage, Abends um 8 Uhr, aufbrechen 
solle, um am andern Morgen dem Feind am Fuße der Gebirge zu 
begegnen. 
Die Stunde war gekommen, die darüber entscheiden sollte, ob 
er Herr und Meister von Schlesien bleiben und die Stellung be- 
haupten würde, die er mit diesem seinem Staate und Heere in Europa 
eingenommen hatte. 
An jenem Abend war nun dies auf beiden Seiten die Gestalt 
der Dinge. 
Zuerst kamen die Sachsen aus den Schluchten der Gebirge her- 
vor und nahmen die linke Seite der bestimmten Stellungen ein, — 
von Rhonstock her bis an die waldbewachsenen Kuppen hin, die sich 
über die Ebene erheben; eine Höhe vor der Front, wahrscheinlich den 
sogenannten breiten Berg, besetzten sie noch in der beginnenden Nacht
	        
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