obachtet und nachdenkt, ihre Geheimnisse
und Weisheies-Schätze auf, und davon im-
mer nur so viel, als der Lehrling auf ein
Mal fassen und zu seinem Eigenthume ver-
arbeiten kann. Auch hierin folge der Lehrer
getreu ihrem Winke.
. 18.
Eben so nothwendig ist die Beobachtung
der Lehr-Maxime: Nichts zur Unzeit;
d. h. nichts fruͤher und nichts spaͤter (so
viel dieß nur immer beym gemeinsamen Un-
terrichte möglich ist) als die Kinder es fas-
sen können und wissen sollen. Das
Zufrüh erzeugt einseitiges, halbes, seich-
tes, verworrenes Wissen; das Zuspät
hat meistens die üble Folge, daß unrichtige,
falsche, schädliche Vorstellungen und Begriffe
die Stelle der wahren und chten einnehmen.
Die Seele gleichet in diesem Falle dem Acker,
der über die Saatzeit unangebaut liegen bleibt.
Unkraut nimmt ihn ein, und selbst der schön-
ste, fruchtbarste Boden verwildert.“
§. 19.
Nicht nur Eines nach dem Anderen, son-
dern Eines aus dem Anderen, — sey dem
Lehrer bey seinem Schul-Unterrichte Haupt-
gesetz. Nur so ist stufenweises Fortschrei-
ten vom eichteren zum Schwereren denk-
bar. Dem Kinde ist, wie dem erwachsenen
Menschen nur das leicht, wozu seine Fas-
sungekräfte zureichen. Ist das gelernt, so
ist es zum Schwereren vorbereitet und ge-
stärkt. Dieses hört sodann auf, schwer zu
seyn, und so ist zuletzt Alles leicht; und der
Mensch bringt es nach und nach auf diesem
Wege bis zum Schwersten, wenn er gur
geleitet wird.
20.
Auch hier giebt uns wieder die Natur im
körperlichen Gehen genau das Bild
vom geistigen. Nicht Einen Schritt wei-
ter, bis der Fuß bey dem vorhergehenden
sesten Grund gefaßt hat! Nur miteelst die-
ser Vorsicht wird der Gang sicher und das
Ziel erreicht; und nur auf diese Weise ge-
langt der Mensch zur Fertigkeit im Ge-
hen und Laufen. Allein wer mit dem letzten
an fangen wollte, wäre ein Thor. Und
doch geschieht das Nämliche nicht selten beym
Unterrichte.
Fercigkeit im Roehwendigen
soll überhaupt bey allem Unterrichte der An-
weisung zum mehr Entbehrlichen, Künstli-
chen u. s. w. vorhergehen. Jene muß die
erste unmittelbare Folge alles Lernens (das
diesen Nahmen verdient) seyn. Nicht Wis-
sen allein, sondern Wissen und Benühen ist
die Hauptsache. Was hilft es dem Kinde,
wenn es die Fragen der Religionslehre (des
Katechismus) richtig zu beantworten weiß,
wenn es weder auf Gott vertrauen, noch den
Gebothen Gottes gehorchen gelernt hat?
Was nützen ihm die Regeln des Rechnens,
wenn es nach Anleitung derselben nichts zu
berechnen versteh 7— Wodzu altgothische
Pergamentbriefe enträthseln und Fraktur-
buchstaben mahlen, während es ihm noch
an der Fertigkeit den Druck zu lesen und
eine gewöhnliche Kurrentschrift zu schreiben
gebricht?