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so beschaffen seyn, daß sie ohne Hilfsmittel
beantwortet werden koͤnnen, und mehr zur
richtigen Beurtheilung bistorischer Angaben,
und zur pragmatischen Darstellung derselben,
als zur blossen Wiederbolung ins Gedächeniß
gefaßter Notizen Anlaß geben.
3) Um nicht burch zu bestimmte Fragen
das Feld der Antwort zu sehr zu begrenzen,
kann dem Kandidaten auch blos aufgegeben
werden, über einen Gegenstand aus den oben
erwähnten Wissenschaften, der ihm angedeu-
tet wird, aufzuzeichnen, was er davon weiß
oder urtheilt, woraus sich seine Beurthei-
lungskraft, und seine Bekanntschaft mit ber
vorgelegten Aufgabe, besto besser abnehmen
laͤßt.
h) Uebrigens wird es dem Eraminanden
frei gelassen, welche von den aufgegebenen
Extemporal-Ausszen er in lateinischer oder
teutscher Sprache abfassen will, und nur ver-
ordnet, daß wenigstens die Hálfte derselben
lateinisch bearbeitet werden soll.
i) Die fertigen Aufsäze-der Eraminanden
nimmt der Sekretäh, nach geschebener Unter-
zeichnung des Namens ihres Verfassers,
und des Tages der Abfassung, in Empfang,
und läßt se sogleich bei den Mirgliedern der
Prüfungs-Kommission in Umlauf kommen,
deren jedes alsdann die Beantwortungen der
von ihm aufgegebenen Fragen, nach dem sie
non allen Miegliedern durchgekesen worden
nd, zur genauern Zenfür bei sich behält.
g. VI.
Muͤndliche Pruͤfung.
2) Bei der Pruͤfung wird die Zensut der
lateinischen Extemporal-Auffaͤze in lateini-
—
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scher Sprache vorgetragen, um dem Kandi-
daten Gelegenheit zu geben, seine erlangte
Fertigkeit im tareinsprechen zu zeigen. Die
PrüfungsGegenstände selbst aber werden in
teutscher Sprache behandelt.
b) Die Wahl der Materien zur mündli-
chen Unterhaltung mit dem Examinanden
bleibe jedem Examinator überlassen. Jedoch
1. soll jederzeit die Predigt und ihre Dispo#“
sition, daun die schriftliche Beantwortung
der Fragen zum Grunde gelegt werden,
damit sich ergebe: ob der Erxaminand die
etwa gemachten Fehler zu verbessern, die
gelassenen tücken auszufüllen, die unbe-
stimmten Scze zu berichtigen wisse, und
den Zusammenbang der abgehandelten
Wabrbeiten mit anderen Hauptwahrheiten
kenne;
soll ein Abschnitt aus dem neuen Testa-
mente in der Grundsprache gelesen, und
von dem Examinanden nicht blos übersezt,
sondern auch erklärt werden. Webei zu-
gleich sich Gelegenbeit darbieten wird, zu
erforschen, in wiefern derselbe mit den
sramatischen und hermeneutischen Regeln
bekannt sey. Da kritische Untersuchungen
nicht ohne Hilfsmittel angestellt werden
können, so ist der Eraminand damit zu
verschonen; es müßte denn die Rede von
solchen Stellen seyn, die eine allgemeine
Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben.
Zeigt der Kandidat auch keine Bekannt-
schaft mie der Kritik derselben, so ist er
wenigstens auf die allgemeinen kritischen
Grundsäze zu führen, und zu befragen:
in wieferne er mit dem Nuzen der Kritik,
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