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g. 100.
Ein Reichstagsbeschluß kann nur durch die Uebereinstimmung beider Haͤu-
ser guͤltig zu Stande kommen.
g. 101.
Ein Reichstagsbeschluß, welcher die Zustimmung der Reichsregierung nicht
erlangt hat, darf in derselben Sitzungs-Periode nicht wiederholt werden.
Ist von dem Reichstage in drei sich unmittelbar folgenden ordentlichen
Sitzungs-Perioden derselbe Beschluß unverändert gefaßt worden, so wird der-
selbe, auch wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem
Schlusse des dritten Reichstages zum Gesetz. Eine ordentliche Sitzungs-
Periode, welche nicht wenigstens vier Wochen dauert, wird in dieser Reihen=
folge nicht mitgezählt.
. 102.
Ein Reichstagsbeschluß ist in folgenden Fällen erforderlich:
1) wenn es sich um die Erlassung, Aufhebung, Abänderung oder Ausle-
gung von Reichsgesetzen handelt;
2) wenn der Reichshaushalt festgestellt wird, wenn Anleihen kontrahirt
werden, wenn das Reich eine im Budget nicht vorgesehene Ausgabe
übernimmt, oder Matrikular-Beitrage oder Steuern erhebt;
3) wenn fremde See= und Fluß-Schifffahrt mit höheren Abgaben belegt
werden sollz
4) wenn Landesfestungen zu Reichsfestungen erklärt werden sollen;
5) wenn Handels-, Schifffahrts= und Auslieferungs -Verträge mit dem
Auslande geschlossen werden, sowie überhaupt völkerrechtliche Vertrage,
insofern sie das Reich belasten;
6) wenn nicht zum Reiche gehörige Länder oder Landestheile dem deutschen
Jollgebiete angeschlossen, oder einzelne Orte oder Gebietstheile von der
Zolllinie ausgeschlossen werden sollen;
7) wenn deutsche Landestheile abgetreten, oder wenn nichtdeutsche Gebiete
dem Reiche einverleibt oder auf andere Weise mit demselben verbunden
werden sollen.
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