Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1850. (34)

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Art. 338. 
Ein verurtheilter Angeklagter kann, selbst nach vollzogener Strafe, Wie- 
deraufnahme der Untersuchung verlangen: 
1) wenn er darthut, daß Urkunden, welche gegen ihn vorgebracht und be- 
rücksichtigt wurden, falsch oder verfälscht, oder daß Sachverständige 
oder Zeugen, die zu seinem Nachtheile aussagten, meineidig, oder daß 
einer oder mehre derselben, oder ein Mitglied des Gerichtes bestochen 
gewesen sind, oder 
wenn er neue Beweismittel vorbringt, welche allein oder in Verbindung 
mit früher erhobenen Beweisen geeignet sind, seine Freisprechung herbei- 
zuführen, oder seine That als ein nach einer anderen und gelinderen 
Strafbestimmung zu beurtheilendes Verbrechen darzustellen. 
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– 
Art. 339. 
Unter den Voraussetzungen in dem vorigen Artikel können auch nach dem 
Tode des Angeklagten dessen Erben, Ehegatte, Verwandte und Verschwägerte 
in aufsteigender oder absteigender Linie, und Verwandte in der Seitenlinie bis 
zum dritten Grade, die Wiederaufnahme der Untersuchung beantragen. 
Art. 340. 
In allen Fällen der Wiederaufnahme einer Untersuchung sind die neuen 
Beweise, durch welche sie begründet werden soll, bei dem Untersuchungsrich- 
ter anzuzeigen und von diesem vorläufig zu erheben. Sodann ist in den 
Art. 334 —337 enthaltenen Fallen der Angeklagte, in den Fallen der Art. 888 
und 339 der Staatsanwalt zu hören und darauf von dem Kreisgerichte über 
die Statthaftigkeit der Wiederaufnahme der Untersuchung zu entscheiden. 
Gegen diese Entscheidung steht den allerseits Betheiligten ein binnen drei 
Tagen einzulegender Rekurs an die Anklagekammer des Appellations-Gerich- 
tes zu. 
Art. 341. 
Wird die Wiederaufnahme der Untersuchung für statthaft erachtet, so tritt 
die Sache in den Stand der Voruntersuchung zurück, die frühere Vorunter- 
suchung ist nach Maßgabe der neu angegebenen Beweise zu vervollständigen, 
über die Versetzung in den Anklagestand anderweit von demselben Gerichte, 
welches das frühere Verweisungserkenntniß ertheilte, zu erkennen und im Falle
	        
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