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den Sachsen. Bei diesen hieß es: „Von Zeit zu Zeit halten, um
wieder aufzuschließen; nur im Schritt darf Kavallerie wie auch
Artillerie zurückgehen“ — und dieser Befehl wurde von den braven
Truppen solange es anging, gewissenhaft befolgt, so daß u. a.
unter den 188 während des ganzen Krieges von den Preußen
erbeuteten Geschützen sich nur ein einziges sächsisches befand, das
wegen eines Achsenbruches bei Königgrätz hatte liegen bleiben
müssen. Freilich konnte jene rühmliche Ordnung nicht aufrecht-
erhalten werden, da die ganze Flut der fliehenden Csterreicher
herandrängte und Artillerie, Munitionswagen, Kavallerie in wilder
Flucht heraneilend die sächsischen Reihen auseinanderriß. Dazu
kam, als man sich der Festung Königgrätz näherte, der ganz
unbegreifliche Umstand, daß die Tore bis zum späten Abend ge-
schlossen blieben, während die ganze Umgebung überschwemmt
war. Furchtbare Szenen spielten sich hier ab, die von Augen-
zeugen nicht grausig genug geschildert werden können. Wie viele,
die das Schwert und die Kugeln der Preußen verschont hatten,
fanden hier ein nasses Grab angesichts der erhofften Rettung.
Es hätte, wie ein amtlicher Bericht besagt, nur noch des Winters
bedurft, um an die Schilderungen des russischen Krieges von
1812, etwa an den Übergang über die Beresina erinnert zu
werden.
Während Prinz Georg mit der sächsischen Reiterei gegen
5 Uhr die oberhalb Königgrätz gelegene Brücke von Placèka er-
reichte, noch gerade zu guter Zeit, um nicht in das Chaos des
österreichischen Rückzuges verwickelt zu werden, konnte der Kron-
prinz an diesen Übergang nicht mehr denken; er erhielt auch in
der Nähe der Stadt einen Befehl von Benedek, die Elbe eine
Meile unterhalb Königgrätz bei Opatowetz zu überschreiten. Bei
dem Bahnhofe von Königgrätz, der etwa noch 3½ Kilometer
von der Stadt selbst entfernt liegt, suchte der Kronprinz seine
auseinandergesprengten Truppen zu sammeln. Dann wurde die
Straße nach Opatowetz gewonnen; aber als man hier ankam,
war die vom Oberstkommandierenden angegebene Schiffbrücke nicht
vorhanden. Also hieß es: weiter, weiter bis nach dem noch
zwei Meilen entfernten Pardubitz, wo die nächste Elbbrücke war.