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Artikel 58.
Die Kosten und Lasten des gesammten Kriegswesens des Reichs sind von
allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen, so daß weder
Bevorzugungen, noch Prägravationen einzelner Staaten oder Klassen grundsätzlich
zulässig sind. Wo die gleiche Vertheilung der Lasten sich in natura nicht her-
stellen läßt, ohne die öffentliche Wohlfahrt zu schädigen, ist die Ausgleichung nach
den Grundsätzen der Gerechtigkeit im Wege der Gesetzgebung festgustellen.
Artikel 59.
Jeder wehrfähige Deutsche gehört sieben Jahre lang, in der Regel vom
vollendeten 20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, dem stehenden Heere —
und zwar die ersten drei Jahre bei den Fahnen, die letzten vier Jahre in der
Reserve — und die folgenden fünf Lebensjahre der Landwehr an. In den-
jenigen Bundesstaaten, in denen bisher eine längere als zwölfjährige Gesammt-
dienstzeit gesetzlich war, findet die allmälige Herabsetzung der Verpflichtung nur
in dem Maaße statt, als dies die Rücksicht auf die Kriegsbereitschaft des Reichs-
heeres zuläßt.
In Bezug auf die Auswanderung der Reservisten sollen lediglich diejenigen
Bestimmungen maßgebend sein, welche für die Auswanderung der Landwehr-
männer gelten.
Artikel 60.
Die Friedens-Präsenzstärke des Deutschen Heeres wird bis zum 31. Dezem-
ber 1871. auf Ein Prozent der Bevölkerung von 1867. normirt, und wird pro
rata derselben von den einzelnen Bundesstaaten gestellt. Für die spätere Zeit wird
die Friedens-Präsenzstärke des Heeres im Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt.
Artikel 61.
Nach Publikation dieser Verfassung ist in dem ganzen Reiche die ge-
sammte Preußische Militairgesetzgebung ungesäumt einzuführen, sowohl die Gesetze
selbst, als die zu ihrer Ausführung, Erläuterung oder Ergänzung erlassenen Re-
glements, Instruktionen und Reskripte, namentlich also das Militair-Strafgesetzbuch
vom 3. April 1845., die Militair - Strafgerichtsordnung vom 3. April 1845.,
die Verordnung über die Ehrengerichte vom 20. Juli 1843., die Bestimmungen
über Aushebung, Dienstzeit, Servis- und Verpflegungswesen, Einquartierung,
Ersatz von Flurbeschädigungen, Mobilmachung u. s. w. für Krieg und Frieden.
Die Militair-Kirchenordnung ist jedoch ausgeschlossen.
Nach gleichmäßiger Durchführung der Kriegsorganisation des Deutschen
Heeres wird ein umfassendes Reichs-Militairgesetz dem Reichstage und dem Bundes-
rathe zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung vorgelegt werden.
Artikel 62.
Zur Bestreitung des Aufwandes für das gesammte Deutsche Heer und
die zu demselben gehörigen Einrichtungen sind bis zum 31. Dezember 1871.
dem