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(Nr. 754.) Gesetz, betreffend die Ergänzung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich.
Vom 10. Dezember 1871.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von BPreußen 2c.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:
Einziger Artikel.
Hinter §. 130. des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich wird folgender
neue §S. 130 a. eingestellt:
Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher in Aus-
übung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes öffentlich vor
einer Menschenmenge, oder welcher in einer Kirche, oder an einem anderen
zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte vor Mehreren Angelegen-
heiten des Staates in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise
zum Gegenstande einer Verkündigung oder Erörterung macht, wird mit
Gefängniß oder Festungshaft bis zu zwei Jahren bestraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 10. Dezember 1871.
(L. S.) Wilhelm.
Fürst v. Bismarck.
Berichtigung.
Das Datum des im 46. Stück des Reichs=Gesetzblatts für 1871. S. 397.
und 398. abgedruckten Gesetzes, betreffend die Einführung der Maaß- und Gewichts-
ordnung in Bayern, ist nicht der 22. November, sondern — wie in der Ueber-
schrift dieses Gesetzes S. 397. richtig angegeben — der 26. November.
In demselben Stück des Reichs=Gesetzblatts ist S. 397. Jeile 4. von unten
zu lesen: Waagen, statt Waaren.
Redigirt im Büreau des Reichskanzlers.
Berlin, gedruckt in der Königlichen Geheimen Ober=Hofbuchdruckerei
(R. v. Decker).