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Reichs-Gesetzblatt.
№ 22.
Inhalt: Auslieferungsvertrag mit der Schweiz. S. 113.
(Nr. 1013.) Vertrag zwischen Deutschland und der Schweiz wegen gegenseitiger Auslieferung
der Verbrecher. Vom 24. Januar 1874.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser einerseits und der Schweizerische Bundes-
rath andererseits sind übereingekommen, einen Vertrag wegen gegenseitiger Aus-
lieferung der Verbrecher abzuschließen und haben zu diesem Zwecke mit Vollmacht
versehen und zwar:
Seine Majestät der Deutsche Kaiser:
den Herrn Hermann Carl Wilke, Allerhöchstihren Geheimen
Legationsrath;
der Schweizerische Bundesrath:
den Herrn eidgenössischen Oberst Bernhard Hammer, seinen
außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister beim
Deutschen Reich,
welche nach Mittheilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Voll-
machten über nachstehende Artikel übereingekommen sind:
Artikel 1.
Die hohen vertragenden Theile verpflichten sich durch gegenwärtigen Ver-
trag, sich einander in allen nach den Bestimmungen desselben zulässigen Fällen
diejenigen Personen auszuliefern, welche von den Behörden eines der vertra-
genden Theile wegen einer der nachstehend aufgezählten Handlungen, sei es als
Urheber, Thäter oder Theilnehmer, verurtheilt oder in Anklagestand versetzt oder
zur gerichtlichen Untersuchung gezogen sind und im Gebiete des anderen Theils
sich aufhalten, nämlich:
1) wegen Todtschlags und Mordes, einschließlich des Kindermordes;
2) wegen vorsätzlicher Abtreibung der Leibesfrucht;
3) wegen Aussetzung oder vorsätzlicher Verlassung eines Kindes;
4) wegen Raubes, Unterdrückung, Verwechselung oder Unterschiebung eines
Kindes;
Reichs- Gesetzbl. 1874. 28
Ausgegeben zu Berlin den 24. Juli 1874.