Reichs-Gesetzblatt.
№ 6.
Inhalt: Gesetz, betreffend Abänderung des §. 137 des Gerichtsverfassungsgesetzes. S. 61.
(Nr. 1640.) Gesetz, betreffend Abänderung des §. 137 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Vom
17. März 1886.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths
und des Reichstags, was folgt:
Der §. 137 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 wird
durch die nachstehende Vorschrift ersetzt:
§. 137.
Will in einer Rechtsfrage ein Civilsenat von der Entscheidung eines
anderen Civilsenats oder der vereinigten Civilsenate, oder ein Strafsenat
von der Entscheidung eines anderen Strafsenats oder der vereinigten
Strafsenate abweichen, so ist über die streitige Rechtsfrage im ersteren
Falle eine Entscheidung der vereinigten Civilsenate, im letzteren Falle
eine solche der vereinigten Strafsenate einzuholen.
Einer Entscheidung der Rechtsfrage durch das Plenum bedarf es,
wenn ein Civilsenat von der Entscheidung eines Strafsenats oder der
vereinigten Strafsenate, oder ein Strafsenat von der Entscheidung eines
Civilsenats oder der vereinigten Civilsenate, oder ein Senat von der
früher eingeholten Entscheidung des Plenums abweichen will.
Die Entscheidung der Rechtsfrage durch die vereinigten Senate
oder das Plenum ist in der zu entscheidenden Sache bindend. Sie
erfolgt in allen Fällen ohne vorgängige mündliche Verhandlung.
Vor der Entscheidung der vereinigten Strafsenate oder derjenigen
des Plenums, sowie in Ehe- und Entmündigungssachen ist der Ober-
Reichsanwalt mit seinen schriftlichen Anträgen zu hören.
Soweit die Entscheidung der Sache eine vorgängige mündliche
Verhandlung erfordert, erfolgt dieselbe durch den erkennenden Senat
Reichs- Gesetzbl. 1886. 10
Ausgegeben zu Berlin den 23. März 1886.