Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1895. (29)

prozentiger Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem Kresolwasser zu desinfiziren 
oder mit Theer, Lack oder Oelfarbe zu bestreichen. 
Das gleiche Verfahren ist bei hölzernen und steinernen Gegenständen an 
Stelle des Bestreichens mit dicker Kalk- oder Chlorkalkmilch anwendbar. Glasirte 
Thonkacheln werden mit fünfprozentiger Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem 
Kresolwasser desinfizirt. Oelfarbenanstriche werden erneuert. 
4. Nicht mit Auswurfstoffen durchfeuchteter Erd, und Sandboden (ein- 
schließlich des unter dem gemäß § 7 abgegrabenen durchfeuchteten Boden befind- 
lichen), sowie bei der Reinigung nicht entfernte hohe Streu- und Düngerschichten 
in Schafställen sind mit frisch gelöschtem Kalk zu bestreuen dergestalt, daß der 
Dünger damit, wenn auch nur in dünner Schicht) völlig bedeckt wird. Erst 
dann darf frisches Streumaterial aufgebracht werden. 
5. Hölzerne Geräthe einschließlich der Fuhrwerke und Schleifen, auf welchen 
Kadaver, Streu, Dünger oder andere Abfälle gefahren sind, desgleichen eiserne 
und andere metallene Gegenstände sind kurze Zeit dem Feuer auszusetzen, oder 
mit einer fünfprozentigen Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem Kresolwasser 
oder mit Theer, Lack oder Oelfarbe zu bestreichen. Ledertheile, ausgenommen 
lackirte, werden ebenfalls mit fünfprozentiger Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem 
Kresolwasser bestrichen. 
6. Leinene, hanfene (Jute-), baumwollene und wollene Gegenstände, 
Kleidungs- und Bettstücke, Haare, Wolle, Federn, Polstereinlagen und dergleichen 
sind in lockerer Lagerung strömendem Wasserdampfe von mindestens der Tempe- 
ratur des siedenden Wassers in geeigneten Apparaten wenigstens 1½ Stunden 
lang auszusetzen. Wenn solche Apparate fehlen, sind leinene, hanfene, baum- 
wollene und wollene Gegenstände (auch Kleidungsstücke) durch einstündiges Kochen 
in siedendem Wasser zu desinfiziren und Bettstücke, Haare, Wolle, Federn und 
dergleichen zu verbrennen. 
7. Die Desinfektion der Hände und Instrumente erfolgt mittelst fünf- 
prozentiger Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem Kresolwasser. 
  
Vorschriften für die einzelnen Seuchen. 
Milzbrand. 
§. 11. 
1. Die Milzbrandbazillen sind leichter zerstörbar, als ihre Dauerformen 
(Sporen). Letztere entwickeln sich unter günstigen Bedingungen aus den Bazillen 
außerhalb des Thierkörpers. Möglichst frühzeitige Ausführung der Desinfektion 
ist daher unbedingt geboten. 
2. Diejenigen Personen, welche mit kranken Thieren, deren Ausscheidungen 
oder Kadavern in Berührung gekommen sind, haben möglichst bald die Hände 
und andere etwa beschmutzte Körpertheile mit Seifenwasser gründlich zu reinigen 
und wenn thunlich noch mit fünfprozentigem Karbolwasser oder fünfprozentigem 
Kresolwasser zu desinfiziren. Personen, welche bei kranken Thieren beschäftigt
	        
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