Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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§. 974. 
Sind vor dem Ablaufe der einjährigen Frist Empfangsberechtigte dem Finder 
bekannt geworden oder haben sie bei einer Sache, die mehr als drei Mark werth 
ist, ihre Rechte bei der Polizeibehörde rechtzeitig angemeldet, so kann der Finder 
die Empfangsberechtigten nach den Vorschriften des §. 1003 zur Erklärung über die 
ihm nach den §§. 970 bis 972 zustehenden Ansprüche auffordern. Mit dem Ablaufe 
der für die Erklärung bestimmten Frist erwirbt der Finder das Eigenthum und er- 
löschen die sonstigen Rechte an der Sache, wenn nicht die Empfangsberechtigten sich 
rechtzeitig zu der Befriedigung der Ansprüche bereit erklären. 
§. 975. 
Durch die Ablieferung der Sache oder des Versteigerungserlöses an die Polizei- 
behörde werden die Rechte des Finders nicht berührt. Läßt die Polizeibehörde die 
Sache versteigern, so tritt der Erlös an die Stelle der Sache. Die Polizeibehörde 
darf die Sache oder den Erlös nur mit Zustimmung des Finders einem Empfangs- 
berechtigten herausgeben. 
§. 976. 
Verzichtet der Finder der Polizeibehörde gegenüber auf das Recht zum Erwerbe 
des Eigenthums an der Sache, so geht sein Recht auf die Gemeinde des Fundorts über. 
Hat der Finder nach ber Ablieferung der Sache oder des Versteigerungserlöses 
an die Polizeibehörde auf Grund der Vorschriften der §§. 973, 974 das Eigenthum 
erworben, so geht es auf die Gemeinde des Fundorts über, wenn nicht der 
Finder vor dem Ablauf einer ihm von der Polizeibehörde bestimmten Frist die 
Herausgabe verlangt. 
§. 977. 
Wer in Folge der Vorschriften der §§. 973, 974, 976 einen Rechtsverlust 
erleidet, kann in den Fällen der §§. 973, 974 von dem Finder, in den Fällen des 
§. 976 von der Gemeinde des Fundorts die Herausgabe des durch die Rechtsänderung 
Erlangten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Be- 
reicherung fordern. Der Anspruch erlischt mit dem Ablaufe von drei Jahren nach 
dem Uebergange des Eigenthums auf den Finder oder die Gemeinde, wenn nicht 
die gerichtliche Geltendmachung vorher erfolgt. 
§. 978. 
Wer eine Sache in den Geschäftsräumen oder den Beförderungsmitteln einer 
öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen Verkehre dienenden Verkehrsanstalt 
findet und an sich nimmt, hat die Sache unverzüglich an die Behörde oder die 
Verkehrsanstalt oder an einen ihrer Angestellten abzuliefern. Die Vorschriften der 
§§. 965 bis 977 finden keine Anwendung. 
§. 979. 
Die Behörde oder die Verkehrsanstalt kann die an sie abgelieferte Sache 
öffentlich versteigern lassen. Die öffentlichen Behörden und die Verkehrsanstalten des 
Reichs- Gesetzbl. 1896. 58
	        
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