Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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II. Aufgebot der Nachlaßgläubiger. 
§. 1970. 
Die Nachlaßgläubiger können im Wege des Aufgebotsverfahrens zur Anmeldung 
ihrer Forderungen aufgefordert werden. 
 §. 1971. 
Pfandgläubiger und Gläubiger, die im Konkurse den Pfandgläubigern gleich- 
stehen, sowie Gläubiger, die bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver- 
mögen ein Recht auf Befriedigung aus diesem Vermögen haben, werden, soweit es 
sich um die Befriedigung aus den ihnen haftenden Gegenständen handelt, durch das 
Aufgebot nicht betroffen. Das Gleiche gilt von Gläubigern, deren Ansprüche durch 
eine Vormerkung gesichert sind oder denen im Konkurs ein Aussonderungsrecht zusteht, 
in Ansehung des Gegenstandes ihres Rechtes. 
§. 1972. 
Pflichttheilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen werden durch das Aufgebot 
nicht betroffen, unbeschadet der Vorschrift des §. 2060 Nr. 1. 
§. 1973. 
Der Erbe kann die Befriedigung eines im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen 
Nachlaßgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlaß durch die Befriedigung der 
nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird. Der Erbe hat jedoch den aus- 
geschlossenen Gläubiger vor den Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächt- 
nissen und Auflagen zu befriedigen, es sei denn, daß der Gläubiger seine Forderung 
erst nach der Berichtigung dieser Verbindlichkeiten geltend macht. 
Einen Ueberschuß hat der Erbe zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers 
im Wege der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer 
ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Er kann die Herausgabe der noch 
vorhandenen Nachlaßgegenstände durch Jahlung des Werthes abwenden. Die rechts- 
kräftige Verurtheilung des Erben zur Befriedigung eines ausgeschlossenen Gläubigers 
wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung. 
§. 1974. 
Ein Nachlaßgläubiger, der seine Forderung später als fünf Jahre nach dem 
Erbfalle dem Erben gegenüber geltend macht, steht einem ausgeschlossenen Gläubiger 
gleich, es sei denn, daß die Forderung dem Erben vor dem Ablaufe der fünf Jahre 
bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist. Wird der 
Erblasser für todt erklärt, so beginnt die Frist nicht vor der Erlassung des die 
Todeserklärung aussprechenden Urtheils 
Die dem Erben nach §. 1973 Abs. 1 Satz 2 obliegende Verpflichtung tritt 
im Verhältnisse von Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und 
Reichs-Gesetzbl. 1896. 79
	        
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